24-Stunden-Pflege im Check

Verbraucherzentrale mahnt zur Vorsicht

Viele Deutsche greifen für die Betreuung ihrer Angehörigen inzwischen auf die sogenannte 24-Stunden-Pflege zurück, bei der aus Osteuropa stammende Betreuungskräfte in den Haushalt der pflegebedürftigen Person einziehen.

Wer eine Vermittlungsagentur für diese Betreuungskräfte sucht, weiß allerdings in der Regel nicht, dass es  verschiedene Beschäftigungsmodelle gibt: Diese bringen jeweils unterschiedliche rechtliche Feinheiten mit sich, auf die es zu achten gilt, und können trotz der Hinzuziehung eines Vermittlers gesetzliche Folgen für die Familie haben.

Die Verbraucherzentrale hat deshalb in einem Marktcheck zum sogenannten grauen Pflegemarkt verschiedene Beschäftigungsmodelle genauer unter die Lupe genommen.

Markus Küffel, Gesundheitswissenschaftler, examinierte Pflegefachkraft und Geschäftsführer der Pflege zu Hause Küffel GmbH, erklärt die wichtigsten Unterschiede zwischen den Modellen und verdeutlicht, worauf Familien achten müssen.

Arbeitgebermodell
Die erste Wahl der Verbraucherzentrale stellt das sogenannte Arbeitgebermodell dar, da es Verbrauchern und Betreuungskräften die größte Rechtssicherheit bietet, sofern die Rahmenbedingungen eingehalten werden. Dabei stellt die Familie eine Betreuungskraft direkt sozialversicherungspflichtig an und agiert dementsprechend als Arbeitgeber.

Somit hat sie die volle Kontrolle über das Arbeitsverhältnis und ist der Betreuungskraft gegenüber weisungsbefugt – darf ihr also vorgeben, welche Aufgaben diese zu welchem Zeitpunkt zu erledigen hat.

„Damit geht allerdings auch ein deutlich erhöhter bürokratischer Aufwand einher, zum Beispiel in Form von Lohnabrechnungen, Anmeldungen bei der Krankenversicherung und der Berufsgenossenschaft oder dem Abführen von Steuern. Eine 40-Stunden-Woche, das Recht auf Urlaub und alle weiteren Arbeitnehmerrechte sind obligatorisch einzuhalten. Außerdem muss sich die Familie im Falle von Urlaub oder Krankheit der Betreuungskraft selbst um einen Ersatz kümmern. Aus diesem Grund geht dieses Model häufig an den Bedürfnissen der Betreuungsbedürftigen und deren Angehörigen deutlich vorbei“, erklärt Markus Küffel.

Entsendemodell
Viele Anbieter greifen auf das sogenannte Entsendemodell zurück, bei dem Betreuungskräfte in ihrem Heimatland sozialversicherungspflichtig beschäftigt und für ihre Tätigkeit nach Deutschland entsandt werden. „Die Familie ist der Betreuungskraft gegenüber im Gegensatz zum Arbeitgebermodell nicht weisungsbefugt.

Darüber hinaus müssen weitere gesetzliche Rahmenbedingungen eingehalten werden, damit sich rechtlich keine Nachteile für die Familien ergeben. Im Falle von Urlaub oder Krankheit der Betreuungskraft kümmert sich der Vermittler um einen Ersatz“, weiß Markus Küffel.

Als Nachweis, dass die Sozialabgaben im Heimatland der Betreuungskraft abgeführt werden, muss dem Verbraucher beim Entsendemodell immer die sogenannte Entsendebescheinigung A1 vorgelegt werden. Erhalten Angehörige auf Nachfrage keine A1-Bescheinigung, kann dies bedeuten, dass es sich um ein illegales Beschäftigungsverhältnis handelt und Sozialabgaben gegebenenfalls in Deutschland nachzuzahlen sind.

Aktuell stellt das Entsendemodell die am häufigsten genutzte Variante zur Beschäftigung einer Betreuungskraft aus Osteuropa dar. Die Verbraucherzentrale fordert für dieses Modell derzeit fehlende rechtliche Anpassungen – beispielsweise im Arbeitszeitgesetz. Diese Änderungen sollen Familien schützen und Vermittlungsagenturen stärker in die Pflicht nehmen.

Selbstständigkeitsmodell
Das Modell der Selbstständigen-Betreuungskraft empfiehlt die Verbraucherzentrale nicht, da aus Sicht der Verbraucherschützer die möglichen Gefahren einer sogenannten Scheinselbstständigkeit und die sich hieraus ergebenden rechtlichen Folgen zu riskant sind.

„Sollte festgestellt werden, dass die Betreuungskraft nur auf dem Papier als selbstständig anzusehen ist, während sie in der Praxis eher als abhängig Beschäftigte bei der Familie zum Einsatz kommt, führt dies unweigerlich zu juristischen Folgen. Unter anderem können hohe Strafzahlungen und Nachzahlungen von Sozialabgaben drohen“, erklärt Markus Küffel.

Bei diesem Modell ist es besonders wichtig, dass Familien einen Vermittler mit sehr viel Erfahrung wählen. Rechtsfolgen können alle genannten Modelle nach sich ziehen, sofern die gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht eingehalten werden. Die Vergangenheit hat allerdings gezeigt, dass die Gefahren, die sich aus einer festgestellten Scheinselbstständigkeit ergeben, am schwersten für die Betroffenen wiegen.

„Darum rät die Verbraucherzentrale zu einer Anstellung im Verbraucherhaushalt oder zum Entsendungsmodell“, folgert Küffel. Einigkeit besteht bei der Verbraucherzentrale auch darin, dass es dringend einer gesetzlichen Regelung für die Pflege und Betreuung durch osteuropäische Kräfte bedarf. In Anbetracht des Pflegekräftemangels spielen sie eine wichtige Rolle und sind unverzichtbar.

Weitere Informationen erhalten Interessierte direkt unter www.pflegezuhause.info