Preiskrise: Viele Verbraucher:innen fühlen sich alleingelassen

Verbraucherreport 2023: Deutsche schnallen den Gürtel enger

Knapp zwei Drittel der befragten Menschen (64 Prozent) fühlen sich mit den stark gestiegenen Verbraucherpreisen alleingelassen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen forsa-Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) für den Verbraucherreport 2023.

In Bezug auf Strom und Heizen sowie Lebensmittel und Ernährung fühlen sich weniger Menschen gut geschützt als in den Vorjahren.

Zudem steigt die finanzielle Belastung

In allen abgefragten Bereichen geben mehr Menschen an, zu sparen, als noch im vergangenen Jahr.

„Der Verbraucherreport 2023 des Verbraucherzentrale Bundesverbands zeigt deutlich: die Verbraucherkrise ist noch lange nicht vorbei. Finanzielle Sorgen zwingen die Menschen, in allen Bereichen des Alltags zu sparen: vom Energieverbrauch bis zum Reisen.

44 Prozent sparen beim Kauf von Lebensmitteln – das finde ich besorgniserregend.

Genauso wie das Gefühl der Menschen, alleingelassen zu werden mit ihren finanziellen Sorgen. Die Bundesregierung muss dringend nachsteuern und für mehr Sicherheit sorgen. Nicht alle sind gleichermaßen von der Krise betroffen. Es droht eine Spaltung der Gesellschaft“, sagt vzbv-Vorständin Ramona Pop.

„Die Politik muss ihrer Verantwortung beim Verbraucherschutz gerecht werden. Gerade Menschen mit geringem Einkommen benötigen Hilfe. Die Preisbremsen für Energie waren ein erster Schritt. Die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf gesunde Lebensmittel muss der nächste sein“, so Pop.

Einsparungen in allen Bereichen notwendig

Aufgrund der steigenden Preise sparen und verzichten die Menschen in vielen Lebensbereichen. Die deutliche Mehrheit (76 Prozent) verbraucht wie bereits im vergangenen Jahr (78 Prozent) weniger Energie. Zudem geben die Verbraucher:innen mehrheitlich an, seltener in Restaurants oder Bars zu gehen (61 Prozent) oder in den Urlaub zu fahren (56 Prozent). Besonders besorgniserregend ist, dass 44 Prozent der Menschen beim Kauf von Lebensmitteln sparen. Im vergangenen Jahr waren es noch 35 Prozent der Befragten.

Vier von fünf (80 Prozent) stimmen voll und ganz bzw. eher zu, dass gesunde Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte von der Mehrwertsteuer befreit werden sollten. Sogar 87 Prozent der Befragten stimmen (eher) zu, dass insbesondere Menschen mit geringem Einkommen mit Blick auf die gestiegenen Preise vom Staat entlastet werden sollten.

Verbraucher:innen verunsichert

Die Verunsicherung spiegelt sich auch im empfundenen Schutzniveau wieder: Im Bereich Strom und Heizen sehen 47 Prozent der Befragten die eigenen Interessen eher nicht gut oder gar nicht geschützt.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in den Beratungsstellen der Verbraucherzentralen

Die Beschwerden der Verbraucher:innen sind im Jahr 2022 auf über 240.000 angestiegen – zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders groß war der Anstieg bei Strom und Gas. In diesem Bereich wurden dreimal so viele Beschwerden registriert wie noch vor einem Jahr, insgesamt waren es knapp 56.000.

vzbv geht gegen Energieanbieter vor

Anlässlich der Energiekrise hat der vzbv Energieanbieter verstärkt überprüft – auch aufgrund von Preiserhöhungen oder fragwürdigen Kündigungen. Der vzbv geht gegen gesetzliche Verstöße rechtlich vor. Im Jahr 2022 hat der vzbv insgesamt 45 Abmahnungen gegen Energieanbieter ausgesprochen – mehr als doppelt so viele wie ein Jahr zuvor. Daraus gingen 18 Klagen und drei Musterfeststellungsklagen hervor.

Politik in der Verantwortung

Die Politik muss ihrer Verantwortung für den Schutz der Verbraucherinteressen gerecht werden. Wie in den Vorjahren sieht ein Großteil der Befragten (82 Prozent) die Politik in der Verantwortung, ihre Interessen als Verbraucher:innen zu schützen. Gleichzeitig vertrauen lediglich 22 Prozent der Befragten der Politik sehr bzw. eher stark, wenn es um den Schutz ihrer Verbraucherinteressen geht.

Verbraucherschutz bleibt hochrelevant – das zeigt, wie in den vergangenen Jahren, auch der aktuellste Verbraucherreport: Fast neun von zehn Menschen (88 Prozent) geben an, dass Verbraucherschutz für ihre persönliche Sicherheit sehr bzw. eher wichtig ist.

Methodik:
Für den Verbraucherreport führte forsa im Auftrag des vzbv eine repräsentative Telefonbefragung mit 1.500 Personen durch (CATI Dual-Frame). Berücksichtigt wurden alle deutschsprachigen Menschen ab 14 Jahren in Privathaushalten in Deutschland. Erhebungszeitraum des aktuellen Verbraucherreports war der 11. bis 27. April 2023. Die statistische Fehlertoleranz liegt bei +/- 3 Prozentpunkten in der Gesamtstichprobe.

Quelle:
Verbraucherzentrale Bundesverband - www.vzbv.de