Heilendes Vergessen

Forscher wollen das „Kankheitsgedächtnis“ bei Rheuma-Patienten löschen

Rheumatoide Arthritis, Psoriasis, Arthritis oder Systemischer Lupus Erythematodes – entzündlich-rheumatische Erkrankungen sind vielfältig in ihrem Erscheinungsbild, haben jedoch eine gemeinsame Ursache: Sie beruhen auf einer Fehlsteuerung des Immunsystems.

Abwehrmechanismen, die den Organismus eigentlich schützen sollen, greifen eigene Körperzellen an. Als Folge dieser Autoimmunreaktion kommt es zu einer chronischen Entzündung. In der heutigen Medizin stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung, welche die Symptome lindern – heilbar sind diese Autoimmunerkrankungen bisher jedoch nicht.

Wenn eine Erkrankung zur Gewohnheit wird
Beobachtungen haben gezeigt: Zerstört man das Immunsystem eines Patienten vollständig (z. B. wegen einer Erkrankung) und baut es danach aus körpereigenen Stammzellen wieder auf, ist die rheumatische Entzündung bei den meisten Patienten verschwunden.

Natürlich ist dieser drastische Eingriff keine Therapieoption, denn mit dem Zusammenbruch des Immunsystems geht jeglicher Schutz vor Keimen verloren.

Doch die Beobachtungen liefern wichtige Erkenntnisse. Erstens: Offenbar kann das Immunsystem ein „pathogenes Krankheitsgedächtnis“ ausbilden und eine Erkrankung aufrechterhalten.

Und zweitens:
Das pathogene Krankheitsgedächtnis kann gelöscht werden.

Forscher suchen die „Reset-Taste“
Dieses Wissen eröffnet völlig neue Therapiemöglichkeiten. Eine Gruppe von Grundlagenforschern am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin (DRFZ) suchen nun nach der „Reset-Taste“, die gezielt das pathogene Immungedächtnis löscht, ohne dass das gesamte Immunsystem „runtergefahren“ werden muss.

Sollte dies gelingen, könnten sich möglicherweise ganz neue Behandlungsmethoden für Menschen mit verschiedensten Autoimmunerkrankungen ergeben.

Die Schlüsselrolle spielen die am DRFZ entdeckten sogenannten „Gedächtnis-Plasmazellen“, die kontinuierlich Antikörper produzieren. Bei Autoimmunerkrankungen richten sich diese gegen das körpereigene Gewebe. Die Forscher suchen nach einem Weg, die krankmachenden Gedächtniszellen zu beseitigen, ohne dabei andere Zellen anzugreifen.

Würde dies gelingen, könnten vielleicht auch Menschen mit Morbus Chron, Asthma oder Multipler Sklerose durch „heilendes Vergessen“ gesunden.

Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg.


Quellen:
- (1) Den Körper Rheuma vergessen lassen; Leibnitz-Journal 2/2013

- (2) Thomas Häupl et al: Reactivation of Rheumatoid Arthritis After Pregnancy. Increased Phagocyte and Recurring Lymphocyte Gene Activity. Arthritis & Rheumatism, Vol. 58, No. 10, October 2008, 2981-2992.

- (3) Rheumatoide Arthritis in der Schwangerschaft - Rätselhafte Krankheitspause aufgeklärt; Pressemitteilung der Charité Universitätsmedizin Berlin vom 13.11.2008


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