Experteninterview zum Welt-Schlaganfalltag am 29. Oktober

... denn Wissen kann Leben retten

270.000 Menschen pro Jahr erleiden in Deutschland einen Schlaganfall. Er ist die dritthäufigste Todesursache und der häufigste Grund für Behinderungen im Erwachsenenalter.

In vielen Fällen könnte Schlimmeres verhindert werden, wenn die Betroffenen und ihr Umfeld richtig reagierten.

Experte Dr. Markus Wagner von der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe erklärt im Interview, worauf es ankommt.

Herr Dr. Wagner, Ihre Stiftung sagt: „Jeder Schlaganfall ein Notfall!“ Warum ist das so?

Bei einem Schlaganfall wird ein Teil des Gehirns nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Immer mehr Nervenzellen sterben ab und wichtige Funktionen wie Bewegung und Sprache können verloren gehen.
Um diesen Prozess zu stoppen, muss der Patient so schnell wie möglich in die Notaufnahme eines Krankenhauses. Idealer Weise sollte das eine Klinik mit einer Stroke Unit, einer Schlaganfall-Spezialstation, sein.

Funktioniert das in der Praxis gut?
Immer noch zu selten. Die Schlaganfall-Symptome sind in der Bevölkerung nicht ausreichend bekannt. Und Befragungen haben ergeben, dass viele selbst beim Auftreten von Symptomen nicht den Notruf tätigen und zunächst abwarten, weil die meisten Symptome nicht mit Schmerzen einhergehen  Das führt dazu, dass nur etwa jeder dritte Betroffene innerhalb der ersten drei Stunden nach Einsetzen der Symptome das Krankenhaus erreicht.

Trotz flächendeckender Versorgung mit Schlaganfall-Stationen und moderner Therapieverfahren bleibt die Behandlung von Schlaganfällen ein Wettlauf mit der Zeit. Was sind denn typische Symptome eines Schlaganfalls?

Plötzlich einsetzende Gefühlsstörungen, Taubheitsgefühle bis hin zu Lähmungen auf einer Körperseite, typisch dafür ist der hängende Mundwinkel, Sehstörungen, Sprach- und Sprachverständnisstörungen und Schwindel mit Gangunsicherheit können Zeichen eines Schlaganfalls sein. Auch ein sehr starker, vorher nicht gekannter  Kopfschmerz  sowie Übelkeit und plötzlich einsetzende Bewusstseinsstörungen können auf einen Schlaganfall hinweisen.

Welche Informationen muss ich bei meinem Notruf weitergeben?

  • Man spricht hier von den so genannten fünf W-Fragen:
  • Was ist passiert?
  • Wo ist es passiert?
  • Wie viele Verletzte/Erkrankte gibt es?
  • Welche Art der Verletzung/Erkrankung liegt vor?
  • Wer meldet den Notruf?

Wenn Sie einen Schlaganfall-Verdacht haben, sollten Sie ihn gegenüber dem Mitarbeiter in der Leitstelle unbedingt äußern.

Muss ich Angst davor haben, „falschen Alarm“ auszulösen?
Nein. Das Motto lautet: „Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig!“ Niemand wird Ihnen böse sein! Zu langes Zögern oder nicht zu handeln sind die falschen Reaktionen, wenn die Gefahr besteht, dass jemand aufgrund eines Schlaganfalls schwerstbehindert bleibt.

Manch einer hat auch die Sorge, er müsse den Rettungseinsatz bezahlen.
Auch das stimmt nicht.

Und noch ein Tipp:
Frischen Sie Ihr Erst-Hilfe-Wissen regelmäßig auf.

Was tue ich, nachdem ich die 112 gerufen habe?
Bis der Rettungsdienst eintrifft, sollte man den Betroffenen beruhigen und zum Beispiel beengende Kleidung lockern. Man sollte keine Getränke oder Medikamente geben, weil der Schlaganfall oft Schluckstörungen auslöst. Sollte der Betroffene bewusstlos sein, muss er in die stabile Seitenlage gebracht werden. Wenn Atmung oder der Herzschlag aussetzen, muss sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen werden.

Im Internet-Portal der Deutschen Schlaganfall-Hilfe gibt es viele weitere Informationen und eine kostenlose App mit dem FAST-Test zur Erkennung von Schlaganfall-Symptomen - einfach gleich mal reinschauen unter www.schlaganfall-hilfe.de