Tumor-Metabolismus: Mikrobiom und Immuntherapie beim Melanom – wie wird die Wirksamkeit von Hautkrebstherapien beeinflusst?
Hautkrebspatienten haben immer mehr Optionen für eine erfolgreiche Tumortherapie.
Angesichts komplexer Behandlungskonzepte und Melanomtherapien, die immer mehr auf den einzelnen Patienten zugeschnitten sind, fragen sich viele, wie eine erfolgreiche Tumorbehandlung funktioniert.
Wie hängen Tumor-Metabolismus, das Mikrobiom und die Immuntherapie miteinander zusammen?
Prof. Dr. Dr. Alpaslan Tasdogan, Universitätsklinikum Essen, Institut für Tumor Metabolismus, gibt im Vorfeld zum 35. Deutschen Hautkrebskongress, 10.-13. September 2025 in Essen, aktuelle Antworten.
Herr Professor Tasdogan, die Dermato-Onkologie hat sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Gleichzeitig werden Tumortherapien immer komplexer. Welche Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der personalisierten Behandlung beim Melanom?
Prof. Tasdogan: Der Tumor-Metabolismus, das Mikrobiom und die Immuntherapie sind drei eng miteinander verflochtene Forschungsbereiche, die in der Behandlung des malignen Melanoms an Signifikanz gewinnen.
Tumorzellen haben einen veränderten Stoffwechsel, der sich vom normalen Zellstoffwechsel unterscheidet – der sogenannte Tumor-Metabolismus. Was bedeutet das bei der Entwicklung individualisierter Immuntherapien für Hautkrebspatienten?
Prof. Tasdogan: Melanomzellen zeigen charakteristische metabolische Veränderungen, insbesondere eine verstärkte Glykolyse, den sogenannten „Warburg-Effekt“, auch unter Sauerstoffbedingungen. Diese Umprogrammierung unterstützt das schnelle Zellwachstum und beeinflusst das Tumormikromilieu negativ, indem sie zu einer Ansäuerung führt und die Funktion von Immunzellen hemmt.
Zudem können Melanomzellen alternative Stoffwechselwege nutzen, wie die Glutaminolyse oder den Lipidstoffwechsel, um Energie zu gewinnen und dem Immunsystem zu entkommen. Diese metabolische Reprogrammierung kreiert eine immununterdrückende Mikroumgebung, die die Effektivität von Immuntherapien – insbesondere von Checkpoint-Inhibitoren wie Anti-PD-1 oder Anti-CTLA-4 – potenziell beeinträchtigen kann.
Des Weiteren wird erforscht, inwiefern sich der Tumorstoffwechsel durch Medikamente beeinflussen lässt, um die Mikroumgebung für Immunzellen günstiger zu gestalten.
Auch das Mikrobiom wird immer besser erforscht. Die Darmmikrobiota, ein komplexes Ökosystem von Mikroorganismen, hilft nicht nur bei der Verdauung von Nahrung und der Aufnahme von Nährstoffen, sondern beeinflusst auch das Immunsystem – die Immunabwehr wird unterstützt, Krankheitserreger werden bekämpft. Was bedeutet das mit Blick auf eine Immuntherapie bei Hautkrebs?
Prof. Tasdogan: In den vergangenen zehn Jahren konnten Korrelationen zwischen der Zusammensetzung der Darmmikrobiota und den Behandlungsergebnissen von Krebspatienten, die mit einer Immuntherapie behandelt werden, festgestellt werden. Die aktuelle Forschung zu diesem Themengebiet deutet darauf hin, dass Darmbakterien auf distale Tumore auf unterschiedliche Weise, unter anderem durch die Produktion von Metaboliten, Einfluss nehmen.
Zudem zeigt sich, dass dieses komplexe Ökosystem genutzt werden kann, um die primäre Resistenz gegen Immun-Checkpoint-Inhibitoren zu umgehen. Bestimmte Bakterienarten können die Reaktion des Immunsystems modulieren und dadurch die Wirksamkeit von Behandlungen wie Immun-Checkpoint-Inhibitoren beeinträchtigen.
Das Verständnis des Einflusses der Darmmikrobiota eröffnet Möglichkeiten zur Optimierung der Wirksamkeit von Immuntherapien. Zu den potenziellen Strategien zur Überwindung der Resistenz gegen Immuntherapien zählt die Beeinflussung der Mikrobiota durch Ernährung, Probiotika oder fäkale Mikrobiota-Transplantation.
Inwiefern kann das entscheidend sein für eine erfolgreiche Melanombehandlung?
Prof. Tasdogan: Es zeigt sich insgesamt, dass der Erfolg moderner Melanomtherapien nicht nur von der Art des Tumors, sondern auch von der Wechselwirkung systemischer Faktoren wie dem Mikrobiom und dem metabolischen Zustand des Tumors abhängt. Ein kombinierter Therapieansatz, welcher diese Faktoren berücksichtigt, lässt eine verbesserte Prognose für unsere Patienten erwarten.
Vielen Dank für die interessanten Informationen
Interessierte bitte vormerken:
35. Deutscher Hautkrebskongress 10.-13. September 2025 in Essen - weitere Infos und das Programm finden Sie unter www.ado-kongress.de
Hintergrund:
Hautkrebs ist mit rund 300.000 Neuerkrankungen im Jahr immer noch die häufigste Krebserkrankung in Deutschland und hat – trotz der immensen medizinischen Fortschritte der letzten Jahre und Jahrzehnte – die größte Steigerungsrate. Dafür werden UV-bedingte Hautschäden aufgrund intensiver Sonnenexposition in der Kindheit und Jugend mit verantwortlich gemacht.
An erster Stelle steht das Basalzellkarzinom (Weißer Hautkrebs), gefolgt vom kutanen Plattenepithelkarzinom und dem malignen Melanom (Schwarzer Hautkrebs).
Die ADO (Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie der DKG und der DDG) organisiert Fortbildungen, Forschungsprojekte und klinische Studien, um die Qualität der dermato-onkologischen Patientenversorgung in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu verbessern und die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern.
Ein wichtiger Fokus liegt auf der Erarbeitung diagnostischer und therapeutischer Leitlinien zu verschiedenen Hautkrebsarten wie zum malignen Melanom, Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom, Merkelzellkarzinom, Kaposi-Sarkom und zu kutanen Lymphomen. Weitere Infos unter https://www.ado-homepage.de/