Wenn die Seele im Alter leidet
Wie man Depressionen erkennt und ihnen wirksam begegnet
Sie kommt oft leise, schleicht sich in den Alltag - und wird doch viel zu häufig übersehen: die Depression im Alter.
Anders als bei jüngeren Menschen tarnt sie sich oft hinter körperlichen Beschwerden wie Schmerzen, Schwindel oder Schlafstörungen.
Viele Menschen verbinden das Älterwerden mit Weisheit, Ruhe und Gelassenheit. Doch die Realität sieht nicht immer so rosig aus: Auch im hohen Alter kann die Seele leiden - und nicht selten geschieht das unbemerkt.
Depressionen bei Senioren gelten als eine der am häufigsten unterschätzten psychischen Erkrankungen. Fachleute warnen: Hinter Antriebslosigkeit, Interessenverlust oder körperlichen Beschwerden können sich ernsthafte seelische Probleme verbergen.
"Depressionen im Alter sind kein seltenes Phänomen, aber sie werden oft als normale Alterserscheinung abgetan", erklärt Kittel. Dabei könne eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung entscheidend dafür sein, wie gut Betroffene wieder Lebensqualität zurückgewinnen. Sie selbst hat in ihrer Arbeit immer wieder erlebt, dass ältere Menschen ihre Symptome aus Scham oder Angst verbergen - aus Sorge, zur Last zu fallen oder nicht mehr ernst genommen zu werden.
Oft beginnt alles schleichend
Typische Anzeichen sind anhaltende Traurigkeit, Rückzug aus dem sozialen Leben oder eine allgemeine Teilnahmslosigkeit. Doch auch körperliche Symptome wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Kopf- oder Rückenschmerzen können Ausdruck einer Depression sein. "Gerade bei älteren Menschen treten Depressionen oft in Kombination mit chronischen Erkrankungen auf - und werden deshalb übersehen", so Kittel.
Die Ursachen sind vielfältig: Verlust von Partnern oder Freunden, gesundheitliche Einschränkungen, das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden. Auch Lebensumstände wie Vereinsamung, finanzielle Sorgen oder der Wegfall vertrauter Strukturen nach dem Berufsleben spielen eine Rolle. "Nicht selten wirkt ein bestimmtes Ereignis wie ein Auslöser - etwa ein Krankenhausaufenthalt, ein Umzug oder der Verlust der Selbstständigkeit", weiß Kittel.
Mut zu finden, Hilfe anzunehmen
In ihrem Vortrag will die Psychologin nicht nur informieren, sondern auch praktische Hilfestellungen geben: Wie können Angehörige erste Anzeichen erkennen? Wie spricht man das sensible Thema an, ohne zu verletzen? Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es in Bad Mergentheim und Umgebung?
"Ein wichtiger erster Schritt ist, Depressionen nicht als Schwäche, sondern als behandelbare Krankheit zu begreifen", betont Kittel. Neben psychotherapeutischen Gesprächen können - je nach Schweregrad - auch Medikamente oder aktivierende Angebote helfen. Bewegung, gesunde Ernährung, soziale Kontakte und ein strukturierter Tagesablauf gelten als wertvolle Bausteine der Prävention und Therapie. "Es geht darum, den Menschen wieder Freude am Leben zu geben - und das ist in jedem Alter möglich."
Gemeinsam gegen das Schweigen
Ein besonderer Schwerpunkt des Abends liegt auf der Rolle von Familie und Freunden. Denn Angehörige sind oft die Ersten, die Veränderungen bemerken - und können viel bewirken, wenn sie sensibel reagieren. Kittel will Mut machen, nicht wegzusehen, sondern aktiv zu werden. "Je eher man handelt, desto größer sind die Chancen, dass Betroffene wieder Hoffnung und Lebensfreude finden." Im Umgang mit älteren Menschen, die depressive Symptome zeigen, sind dabei Empathie, Geduld und Achtsamkeit besonders wichtig.
Der Vortrag richtet sich an alle Interessierten - ob selbst betroffen, als Angehöriger oder einfach aus Interesse am Thema. Besucher können Fragen stellen und anonym eigene Erfahrungen einbringen. Ziel ist es, Hemmschwellen abzubauen und Wege aufzuzeigen, wie jeder selbst zur seelischen Gesundheit im Alter beitragen kann.
Prävention beginnt im Alltag
"Schon kleine Veränderungen können viel bewirken", so Kittel. Dazu zählen regelmäßige Bewegung an der frischen Luft, das Pflegen sozialer Kontakte und die bewusste Suche nach Aktivitäten, die Freude bereiten. Auch Ehrenamt, Kurse oder Vereine können helfen, Isolation vorzubeugen. "Es geht darum, sich eingebunden und wertgeschätzt zu fühlen - das ist ein Grundbedürfnis in jedem Lebensalter."
Bad Mergentheim als Anlaufpunkt
Mit seinen spezialisierten Kliniken und Reha-Angeboten spielt Bad Mergentheim eine wichtige Rolle in der psychosomatischen Versorgung älterer Patienten. Von der Privatklinik Kitzberg über das Reha-Zentrum Klinik Taubertal bis zum Schmerztherapiezentrum - hier finden Betroffene ein breites Spektrum an Therapien, von Psychotherapie über Bewegungstherapie bis hin zu Kunst- und Musiktherapie.