Der blinde Fleck im Herzen

Hilfe für Angehörige von vermissten Personen

Es ist eine Beklemmung, die nicht weggeht: das Gefühl, wenn ein geliebter Mensch plötzlich verschwindet.

Vor allem zu Feiertagen oder wenn sich das Jahr dem Ende neigt, steigt dann die Traurigkeit und Fragen wie „Lebt er oder sie noch?“, „Ob es ihm oder ihr gut geht?“, „Warum bist du fortgegangen oder ist dir etwas zugestoßen?“ kommen verstärkt in den Sinn.

Trotz der nahezu gläsernen Welt des Internets verschwinden in Deutschland jeden Tag zwischen 200 und 300 Personen.

Allein in Niedersachen lag die Zahl in der Jahresmitte 2022 bei insgesamt 1.231 aktuell Vermissten. Viele dieser Fälle können innerhalb weniger Tage geklärt und die Personen gefunden werden – doch manche bleiben unauffindbar.

„Auch für diese Fälle gibt es Hoffnung“, weiß Privatdetektiv Michael Günther. Im Interview gibt er Informationen rund um das Thema, erzählt von erfolgreichen Wiedersehen und verdeutlicht, warum es Sinn macht, nicht einfach aufzugeben.

Herr Günther, Sie sind Privatdetektiv, wann kommen Angehörige von Vermissten zu Ihnen?

Das kommt etwas auf den Fall an. Im Fall eines vermissten Kindes in der Regel dann, wenn die Polizei die Suche einstellen musste und die Eltern fortan auf sich gestellt sind.

Etwas anders sieht es allerdings bei Kindesentzug durch ein Elternteil oder andere Angehörige aus. Hier spielen mitunter religiöse oder andere Strukturen eine Rolle, wegen derer Angehörige sich nicht trauen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dann kommen sie mitunter erst nach Monaten zu uns.

Bei erwachsenen Personen und jungen Erwachsenen spielen auch Aspekte wie Lebenswandel, Erkrankungen und soziales Umfeld eine Rolle. Bei sogenannten Herumtreibern fällt es manchmal erst nach Wochen oder Monaten auf, dass sie sich nicht bewusst fernhalten, sondern tatsächlich vollkommen verschwunden sind.

Gibt es auch noch andere Gründe?

Selbstverständlich. Zum Beispiel Menschen, die einen oder beide Elternteile nicht kennen oder anders herum Eltern, die ihre Kinder vor langer Zeit zur Adoption freigegeben haben und nun einen Kontakt herstellen möchten.

Wie gehen Sie bei der Vermisstensuche vor?

In der Regel beginnen wir am letzten bekannten Aufenthaltsort oder, sofern vorab eine polizeiliche Suche erfolgt ist, an dem Punkt, an dem eine Spur kalt geworden ist.

Oft arbeiten wir mit Befragungen, Internetrecherchen oder einem Check-up des sozialen Umfelds.

Doch auch mithilfe von Drohnen, Minimikrofonen und anderen technischen Mitteln können wir bei Suchaktionen an Informationen gelangen. Dies gilt vor allem dann, wenn das Verschwinden mit einer Person oder einem Personenkreis aus dem Umfeld zusammenhängt.

Was meinen Sie damit?

Nun, ist eine Person länger verschwunden, muss das nicht immer automatisch bedeuten, dass es sich um einen Unglücksfall mit wahrscheinlichem Tod handelt. Manchmal sind die Vermissten in Schwierigkeiten geraten – an falsche Freunde, kriminelle Institutionen, sie haben ein Verbrechen begangen oder sind zumindest darin verwickelt, sie werden erpresst oder bedroht.

Angst kann ein mächtiger Antrieb sein, sich zu verstecken.

Es kann in diesem Zusammenhang auch um Scham gehen oder darum, die eigene Familie zu schützen. Was man nur aus Filmen kennt, passiert hin und wieder auch im echten Leben. Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene sind hier sehr gefährdet.

Wenn Sie von kriminellen Institutionen sprechen, dann besteht aber doch auch Gefahr für Sie und die Vermissten oder nicht?

Wir arbeiten in unserer Detektei sehr diskret. Ich habe auf dem Gebiet über 13 Jahre Erfahrung und wie man es aus guten Detektivfilmen kennt, habe auch ich in meinem Team so manche Spezialkraft auf ihrem jeweiligen Gebiet.

Wir sind noch nie bei unseren Ermittlungsarbeiten erkannt worden und wir wahren immer die Sicherheit der Zielperson. Dafür brauchen wir mitunter viel Geduld und Einfühlungsvermögen für die richtigen Fragen und den richtigen Zeitpunkt. Das ist es, was betroffenen Angehörigen oft schwerfällt.

Klären Sie jeden Fall auf?

Leider nein, das muss ich ehrlich sagen. Manche Fälle können auch wir nicht lösen. Doch über 70 Prozent schließen wir mit einem klaren Ergebnis. Und dabei gibt es immer wieder Happy Endings. So zum Beispiel im Fall der schwangeren Jennifer Mai aus Bühl, der auch in den Medien für Aufsehen sorgte. Das war übrigens auch um Weihnachten herum.

Oder ein Auftrag, bei dem wir nach einer bereits jahrzehntelang zurückliegenden DDR-Adoption die leibliche Mutter erfolgreich gefunden haben. Diesen Fall zu lösen dauerte sechs Monate.

Auch aus dem Ausland erreichen uns Aufträge, zum Beispiel aus den USA. Es ging um eine Personensuche, die wir nach vier Monaten erfolgreich abschließen konnten. Wie bereits erwähnt, spielen oft Angst und Scham der Verschwundenen eine große Rolle.

Das Gefühl, sich niemandem anvertrauen zu können oder die Lösung nur in einer Flucht – egal wohin – zu sehen, ist ein Handlungsantrieb, den wir vor allem bei Fällen mit jungen Menschen immer wieder erleben. Hier stehen die Chancen sehr gut, eine vermisste Person wiederzufinden, auch wenn die polizeiliche Suche eingestellt werden musste.

Je älter die Person, desto kürzer der Zeitraum, den die Polizei zur Verfügung hat. Wir hingegen suchen so lange, bis wir fündig werden oder der Auftraggeber abbricht. Es gab einen Fall, der sich über 14 Monate zog und den wir am Ende mit einer tränenreichen und überglücklichen Wiedervereinigung abschließen konnten.

Weitere Informationen unter www.detektei-guenther.de