Zur Verjährung von Rückforderungsansprüchen nach einer Prämienanpassung in der privaten Krankenversicherung

Für den Beginn der Verjährungsfrist ist es ohne Bedeutung, ob jemand mit dem Zugang der Änderungsmitteilungen auch Kenntnis von den Tatsachen hatte, aus denen die von ihm ebenfalls geltend gemachte materielle Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen folgen könnte.

Der BGH hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem sich ein Verbraucher gegen mehrere Beitragserhöhungen in den Jahren 2008, 2009, 2013 und 2016 wandte, die sein privater Krankenversicherer vorgenommen hatte.

Der Kläger ist der Meinung, dass die Beitragserhöhungen wegen unzureichender Begründungen im Sinne unwirksam seien; er forderte mit seiner im Jahr 2018 erhobenen Klage zuletzt unter anderem die Rückzahlung der auf die Beitragserhöhungen vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2017 gezahlten Prämienanteile.

Das erstinstanzlich zuständige Landgericht Köln hat seiner Klage stattgegeben und den beklagten Versicherer unter anderem zur Rückzahlung der gezahlten Erhöhungsbeträge verurteilt.

Das Oberlandesgericht Köln hat dies teilweise abgeändert und die Beklagte nur zur Rückzahlung der vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2017 geleisteten Erhöhungsbeträge verurteilt.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts seien weitere Beitragszahlungen, die bis Ende 2014 erfolgt seien, nicht zurückzuerstatten, da insoweit Verjährung eingetreten sei.

Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass die Erhebung einer Klage, mit der die formelle Unwirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung geltend gemacht wird, jedenfalls dann nicht wegen einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage bis zur Klärung durch den Bundesgerichtshof unzumutbar war, wenn der Versicherungsnehmer gleichwohl bereits vor einer höchstrichterlichen Entscheidung seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend macht und dadurch selbst zu erkennen gibt, vom Bestehen des Anspruchs auszugehen.

Der Beginn der Verjährungsfrist für Ansprüche auf Rückzahlung erhöhter Beiträge war daher nicht bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hinausgeschoben.

Der BGH hatte mit Urteil vom 16. Dezember 2020 über die Anforderungen an die Begründung einer Prämienanpassung entschieden.

Der Kläger erlangte die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis vom Fehlen des Rechtsgrundes für die Zahlung der Erhöhungsbeträge mit Erhalt der seiner Ansicht nach formal unzureichenden Änderungsmitteilungen.

Dagegen ist es für den Beginn der Verjährungsfrist ohne Bedeutung, ob er mit dem Zugang der Änderungsmitteilungen auch Kenntnis von den Tatsachen hatte, aus denen die von ihm ebenfalls geltend gemachte materielle Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen folgen könnte.

Eine erneute Kenntnisnahme vom Fehlen desselben Rechtsgrundes aus weiteren Gründen setzt keine neue Verjährungsfrist in Gang.

Das Berufungsgericht hat daher nach Ansicht des BGH zu Recht die Rückzahlungsansprüche für die bis zum 31. Dezember 2014 geleisteten Erhöhungsbeträge für verjährt gehalten.

Während die Revision des Klägers deswegen insgesamt zurückgewiesen wurde, hatte die Revision der Beklagten zu nicht die Verjährung betreffenden Fragen teilweise Erfolg und führte insoweit zur Abänderung des Berufungsurteils.

Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit es die materielle Rechtmäßigkeit der Prämienanpassungen aus den Jahren 2008, 2009 und 2013 im Hinblick auf die in nicht verjährter Zeit gezahlten Erhöhungsbeträge prüfen kann.

Hinweis:
An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt.

Eckdaten zum Urteil
Datum der Urteilsverkündung: 17.11.2021
Aktenzeichen: IV ZR 113/20
Gericht: BGH