Zur Zulässigkeit einer Vertragsstrafe bei Überschreiten der vereinbarten maximalen Fahrleistung pro Jahr durch Versicherungsnehmer

Eine Vertragsstrafe auch für den Fall eines fahrlässigen Überschreitens der vereinbarten jährlichen Fahrleistung ist unzulässig.

Das LG Koblenz hatte den nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden

Der Beklagte versicherte sein KFZ bei der Klägerin, einer Versicherung, im Rahmen einer Kaskoversicherung. Als maximale jährliche Fahrleistung waren 15.000 km vereinbart.

Im Rahmen einer Unfallregulierung fiel der Klägerin auf, dass diese Jahresfahrleistung durch den Beklagten überschritten worden war.

Die Klägerin verlangte daraufhin auf Grundlage ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die KFZ-Versicherung von dem Beklagten eine Vertragsstrafe von 500,00 Euro.

Das Landgericht Koblenz hat die Klage abgewiesen, da die zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Vertragsstrafenregelung unwirksam sind. Die Vertragsstrafe benachteiligt den Versicherungsnehmer unangemessen.

Die Höhe der Vertragsstrafe im Verhältnis zum Verstoß und zu seinen Folgen sei für den Vertragspartner unverhältnismäßig. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass die zu Grunde gelegte Fahrleistung mit Prämienvorteilen korrespondiert und eine Änderung der Bemessungsgrundlage, mithin eine Erhöhung der Fahrleistung zu einer neuen Berechnung wegen der Erhöhung des Risikos infolge der erhöhten Fahrleistung führt.

Eine Sanktion für die Nichtanzeige der erhöhten Fahrleistung sieht das LG Koblenz daher grundsätzlich auch nicht als unbillig an, da es sonst jedem Versicherungsnehmer risikolos möglich wäre, zu Lasten der Versichertengemeinschaft bei Antragstellung unangemessen niedrige Jahreskilometerangaben zu machen, um eine möglichst niedrige Versicherungsprämie zu zahlen.

Auch entspricht eine Vertragsstrafe grundsätzlich den Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft. Die hier streitgegenständliche Regelung weicht jedoch erheblich von diesen Musterbedingungen ab.

Diese sehen eine Vertragsstrafe nämlich nur bei Vorsatz vor. Die hier streitgegenständlichen Allgemeinen Bedingungen für die KFZ-Versicherung stellten jedoch auf eine bloß schuldhafte Nichtanzeige ab und sahen damit auch bei fahrlässigem Verhalten eine Vertragsstrafe in dieser Höhe vor.

Dementsprechend wäre hier bei der erforderlichen abstrakten, vom Einzelfall gelösten Betrachtung nach den streitgegenständlichen AKB bereits bei einer fahrlässigen Nichtanzeige von einer Überschreitung der Jahresfahrleistung von nur einem Kilometer und einem deshalb zu niedrig angesetzten Beitrag von 0,01 Euro eine Vertragsstrafe von 500,00 Euro verwirkt.

Bei einem einfach fahrlässigen Verstoß steht diese Höhe der Vertragsstrafe im Hinblick auf das ggf. geringe Gewicht des Vertragsverstoßes jedoch außer Verhältnis zu dessen Folgen.

Hinweis:
An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt.

Eckdaten zum Urteil
Datum der Urteilsverkündung: 01.09.2021
Aktenzeichen: 16 S 2/21
Gericht: LG Koblenz