Lichttherapie könnte bei Depressionen rasch helfen

Die Behandlung von Depressionen wird häufig erschwert durch eine geringe Wirksamkeit antidepressiver Medikamente und Sicherheitsbedenken bei anderen Behandlungsansätzen wie Tiefenhirnstimulation oder Elektrokrampftherapie.

Gleichzeitig wächst das Verständnis für die Grundlagen der Depressionserkrankung, mit möglichen Faktoren wie den giftigen Abbauprodukten der normalen Zellaktivität (oxidativem Stress), entzündlichen Prozessen im Gehirn (Neuroinflammation) und verringertem Stoffwechsel (Metabolismus), also auch reduzierter Geschwindigkeit bei Reparatur und Abtransport von toxischem Abfall.

Einige dieser Elemente scheinen nicht-invasiv mit Licht behandelt werden zu können. Frühere Studien haben gezeigt, dass ein für uns nicht sichtbares (nahinfrarot), durch den Schädel (transkraniell) durchscheinendes Licht bei der Behandlung traumatischer Gehirnverletzungen, aber auch bei Kopfschmerz und einigen Folgesymptomen von Schlaganfall helfen kann.

Der Mechanismus dieser Lichtbehandlung ist nicht vollständig geklärt, scheint aber ein Enzym in den Kraftwerken unserer Zellen, den Mitochondrien, (Cytochrom-c-Oxidase) zu involvieren. Auch berichteten Studien, dass das Licht im Nahinfrarotbereich eine verstärkte Freisetzung verschiedener Substanzen wie beispielsweise einen Nervenwachtumsfaktor im Gehirn (BDNF) bewirkt.

Interessanterweise wird eine Wirkung von Antidepressiva, beispielsweise, in der Freisetzung von BDNF gesehen. Dr. Henderson und Dr. Morries aus Centennial, USA, frühere psychiatrische und Lichttherapiewissenschaftler, die inzwischen ihre Expertise in die Anwendung bringen, untersuchten nun, ob Nahinfrarotlicht bei der Behandlung von Depressionen nutzbringend eingesetzt werden könnte.

Dazu wurden 39 Patienten rekrutiert, die zwischen März 2013 und Mai 2017 wegen traumatischer Gehirnverletzungen behandelt worden waren. Gerade diese Patienten leiden häufig auch langjährig unter Depressionen. In Fragebögen gaben die Patienten eine Einschätzung ihrer Depressionssymptome an (Hamilton Depressionsbewertungsskala).

Jeder Patient füllte zudem den Schnellfragebogen QIDS (quick inventory of depression symptomatology-self report) vor und nach der Behandlung aus. Die Patienten wurden mit starkem Nahinfrarotlicht (multi-Watt NILT, Wellenlänge 810/980 nm mit 8–15 Watt) auf Stirn und beidseitige Schläfen jeweils für 9 bis 12 Minuten bestrahlt.

Sämtliche Patienten entsprachen den QIDS-Fragebogenkriterien für milde bis schwere Depression. 69 % der Patienten waren bereits vorher mit Antidepressiva behandelt worden. Für 36 von 39 Patienten reduzierten sich die QIDS-Werte auf mindestens die Hälfte der Vorbehandlungswerte. Diese Wirkung trat durchschnittlich nach 16,82 Behandlungen ein.

Bei 32 der Patienten konnte sogar Symptomfreiheit, also Remission, festgestellt werden (QIDS-Wert höchstens 5). Im Vergleich aller Patienten sank der QIDS-Wert von 14,10 auf 3,41 (p < 0,001).

Berechneten die Forscher den Wert nach höchstens 12 Behandlungen, so sank der durchschnittliche Wert immer noch auf 4,17. Patienten mit wenigstens 13 Behandlungen begannen im Mittel mit einem QIDS-Wert von 13,67, der im Anschluss auf 3,11 gefallen war.

15 der Patienten erhielten die gesamte Behandlungsreihe in einem Zeitraum von bis zu 8 Wochen (durchschnittlich 5,33 Behandlungen pro Woche), was im Vergleich zum Gesamtergebnis kaum Unterschied zeigte (von 13,86 zu 4,5).

Die Behandlungen können demnach vergleichbar gut in kurzen und längeren Zeiträumen angewandt werden. Bis auf 2 Patienten zeigten alle im Anschluss an die Behandlung keine suizidalen Gedanken mehr. Die Remissionspatienten waren für bis zu 55 Monate im Anschluss an die Behandlungsreihe symptomfrei.

Die Patienten schienen demnach von auf Stirn und Schläfen gestrahltem Nahinfrarotlicht (Multi-Watt NILT) zu profitieren.

Verbesserungen der Depressionen zeigten sich oft innerhalb von 4 Behandlungen und verschwanden bei manchen Patienten komplett innerhalb von 4 Wochen.

Diese Studie deutet damit darauf hin, dass Nahinfrarotlicht eine wirksame und schnelle Behandlung für Depressionen, zumindest bei Patienten mit vorherigen traumatischen Gehirnverletzungen, bieten könnte. Ob dieser Ansatz auch bei anderen Depressionserkrankungen erfolgversprechend sein könnte, müssen weitere Studien zeigen.

Die Studie wurde offen (die Patienten wussten, dass sie behandelt wurden) und unkontrolliert (keine Scheinbehandlung zum Vergleich) durchgeführt, zeigt aber trotzdem spannende und vielversprechende Ergebnisse, die in weiteren kontrollierten klinischen Studien überprüft werden müssen.

Quelle:
Beipress.de


Referenzen:
Henderson TA, Morries LD (2017). Multi-Watt Near-Infrared Phototherapy for the Treatment of Comorbid Depression: An Open-Label Single-Arm Study.  Frontiers in Psychiatry, 29 September 2017. 8:187. DOI: 10.3389/fpsyt.2017.00187

Original Titel:
Multi-Watt Near-Infrared Phototherapy for the Treatment of Comorbid Depression: An Open-Label Single-Arm Study