Trotz Narkolepsie besser Leben

Die richtige Therapie verbessert die Lebensqualität enorm

Es ist für einen gesunden Menschen kaum vorstellbar und doch der Alltag von etwa 40.000 Menschen in Deutschland: Sie können ihren Schlaf-Wach-Rhythmus nicht regulieren. Ein enorm starker Schlafdrang ist ihr ständiger Begleiter – der so extrem ist, dass die Betroffenen von Müdigkeit übermannt auch bei normalen Tätigkeiten einfach einschlafen. Das ist nicht nur höchst unangenehm und peinlich, sondern beim Autofahren oder Bedienen von Maschinen auch gefährlich.

Begleitsymptome machen das Leben zusätzlich schwer
Manche Patienten leiden dazu an sogenannte Kataplexien: Bei starken Emotionen, wie Lachen oder Erschrecken, versagt auf einmal die Muskulatur. In schweren Fällen kann die Person plötzlich hilflos zusammensacken - ähnlich einer Ohnmacht, bleibt aber bei Bewusstsein. Auch an Ruhe in der Nacht ist kaum zu denken: Die Patienten haben nur einen leichten Schlaf, wachen oft auf und liegen häufig stundenlang wach. Schlafwandeln, Reden im Schlaf oder Halluzinationen vor dem Einschlafen oder Aufwachen sind belastende Begleitsymptome.

Ohne Aufklärung geraten Betroffene schnell ins Abseits
Ein normales Berufsleben, die Teilnahme am sozialen Miteinander ist mit diesem Leiden schwer möglich. Als Folge der Krankheitssymptome können die Betroffenen nicht mehr richtig arbeiten, trauen sich nicht mehr unter Menschen und ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück. Sie fühlen sich nicht ernst genommen oder gar belächelt, wenn die heftigen Schlafattacken von den Mitmenschen fälschlicherweise z.B. als die Folge von zu viel Feiern angesehen werden. Für die Betroffenen, die selbst verunsichert sind über ihre sonderbaren Schlafanfälle, ist das seelisch sehr belastend. Eine häufige Folge einer unbehandelten Narkolepsie sind daher auch Depressionen.

Auch mit Narkolepsie gut leben und teilhaben
Obwohl man die Erkrankung nicht heilen kann, ist es möglich, gut mit Narkolepsie zu leben. Voraussetzung: Die Krankheit kennen und offen damit umgehen. Da die Erkrankung selten auftritt und mit ganz unterschiedlichen Symptomen verbunden wird, wird die Narkolepsie von Betroffenen und Ärzten leider oft nicht richtig erkannt bzw. behandelt, so dass sich der Leidensweg des Patienten verlängert.

Umso wichtiger ist die Aufklärung über die Erkrankung. Die Diagnostik der Narkolepsie wird idealerweise in einem neurologisch orientierten Schlafzentrum durchgeführt. Zur Behandlung der Narkolepsie stehen z.B. Psychostimulanzien gegen die übermäßige Tagesschläfrigkeit zur Verfügung.

Bei zusätzlichen Kataplexien ist auch ein Medikament einsetzbar, das als natürlicher Botenstoff im Gehirn vorkommt. Mit dieser Substanz können die Hauptsymptome günstig beeinflusst werden: verbesserter Schlafrhythmus in der Nacht und eine Besserung der Symptome am Tag.

Auch die Umstellung der Lebensgewohnheiten kann helfen: Schlafzeiten in der Nacht und kleine Schlafeinheiten am Tag sollten genau eingeplant werden. So können die Betroffenen tagsüber längere Phasen kontrolliert wach bleiben und nachts besser schlafen.

Tipp:
Beim Verdacht auf Narkolepsie kann es helfen, eine Zeit lang den Schlaf-Wach-Rhythmus anhand eines Tagesbuchs zu dokumentieren. So kann man besser erkennen, in welchen Situationen die Symptome auftreten und dem behandelnden Arzt wichtige Hinweise liefern.

Die wichtigsten Fakten im Überblick

Narkolepsie ist eine hirnorganische Funktionsstörung, die Bereiche betrifft, die das Schlafen und das Wachsein steuern. Neueste   Untersuchungsergebnisse zeigen, dass im Gehirn von Narkolepsie-Patienten weniger Hypocretin (auch bekannt als Orexin) als bei Gesunden vorhanden ist. Bei Narkolepsie-Patienten vermutet man, dass durch einen Immundefekt die Zellen zerstört werden, die den Botenstoff Hypocretin produzieren. Ohne Hypocretin kann der Mensch dem normalen Schlaf- und Wach-Rhythmus nicht folgen.

Es handelt sich um eine neurologische Erkrankung, an der in Deutschland ca. 40.000 Menschen daran erkrankt erkrankt

Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen.

Die ersten Symptome treten vorwiegend im Alter zwischen 15 und 30 Jahren auf.

Die Erkrankung kann jedoch auch bereits im Kindesalter oder im  späteren Erwachsenenalter in Erscheinung treten.
 
Auffälligstes Merkmal
einer Narkolepsie ist die übermäßige Tagesschläfrigkeit, die sich durch Einschlafattacken zu jeder Tageszeit und in den außergewöhnlichsten Situationen zeigt. Darüber hinaus leiden die meisten Betroffenen zusätzlich unter Kataplexien und unter fragmentiertem Nachtschlaf.

Eine Narkolepsie-Erkrankung beeinträchtigt die Lebenserwartung nicht. Allerdings sind die Lebensqualität und die sozialen Kontakte vieler Betroffener erheblich eingeschränkt.

Narkolepsie ist eine organische Krankheit.
Das heißt, sie hat eine körperliche Ursache und ist nicht psychisch bedingt. Der Kranke ist unfähig, sich gegen den Schlaf zu wehren. Plötzliches Einschlafen ist also kein Zeichen für mangelndes Interesse, Gleichgültigkeit oder gar Faulheit, sondern krankheitsbedingt.

Die wichtigsten Begriffe

Narkolepsie:
Der Begriff kommt aus dem Griechischen narke = Erstarrung, Krampf, Lähmung und lepsis = annehmen, empfangen. Oder zusammengefasst: "von Schläfrigkeit ergriffen".

Exzessive Tagesschläfrigkeit:
Nicht mehr steuerbare Einschlafattacken zu jeder Tageszeit und in den außergewöhnlichsten Situationen.

Kataplexie:
Bei starken Emotionen, wie Lachen, Freude oder Erschrecken, versagt auf einmal die Muskulatur. Die Bandbreite reicht dabei von ‚Gesichtsentgleisungen‘ im Millisekunden-Bereich bis hin zu einem hilflosen Zusammensacken des ganzen Körpers in schweren Fällen – ähnlich einer Ohnmacht, aber bei vollem Bewusstsein.

Fragmentierter Nachtschlaf:
Gestörter Schlaf-Wachrhythmus in der Nacht, mit vielen Wachphasen und wenig Tiefschlafphasen – im Schlaflabor kann dies über ein sog. Hypnogramm sichtbar gemacht und ausgewertet werden.

Hypocretin:
Ein im menschlichen Körper vorkommender Botenstoff, der den Schlaf-Wach-Rhythmus regelt.

Und was kann man tun?
„Eine Narkolepsie-Reha stellt ein zentrales Element zur Verbesserung der Lebensqualität dar.“

Dr. med Ulf Kallweit von der Helios Klinik in Hagen leitet das bisher einzige Narkolepsie-spezifische Rehabilitationsprogramm. Ca. 100-120 Patienten werden hier jährlich behandelt. Neben der fachärztlichen Behandlung durch Narkolepsie-Experten, werden hier auch besonders die psychologische Behandlung, Ernährungsberatung und individuelle Sozial-, Reha- und Rentenberatung berücksichtigt. Spezifische auf den jeweiligen Patienten abgestimmte Physio-, Ergo- Kunst- oder Musiktherapie helfen den Betroffenen, mit der Erkrankung besser zu leben.

Woran leiden die Narkolepsie-Patienten am meisten?

„Die Betroffenen leiden stark an der nicht kontrollierbaren Tagesschläfrigkeit, den unangenehmen Kataplexien (Anfälle von plötzlicher Muskelschwäche) und dem schlechten Nachtschlaf. Zusätzlich belastet die oftmals verspätete Erkennung bzw. Diagnose der Erkrankung die Patienten psychisch. Zudem fehlt die Anerkennung als schwere, chronische neurologische Erkrankung, welche das Leben der Betroffenen vereinfachen würde.“
 
Wie wird die Diagnose am besten gestellt? Was raten Sie Personen, die den Verdacht haben, an Narkolepsie zu leiden?

„Zunächst empfehle ich, den Hausarzt oder einen Facharzt für Neurologie aufzusuchen. Erhärtet sich der Verdacht, dass eine Narkolepsie vorliegt, sollte idealerweise direkt ein spezialisiertes Zentrum für Narkolepsie bzw. ein Schlaflabor aufgesucht werden.“
 
Welche Möglichkeiten der Therapie gibt es, worauf sollte man als Betroffener achten?

„Zur Behandlung stehen verschiedene Therapien zur Verfügung. Dazu gehören Maßnahmen, die vom Betroffenen selber durchgeführt werden können, wie etwa die Planung von kurzen Schlafpausen am Tag. Medikamente kommen ebenfalls zum Einsatz. Wichtig ist dabei eine individualisierte Therapie. Das bedeutet, dass sich die Behandlung an den für den Betroffenen hauptsächlich störenden Symptomen orientiert.“

Sie leiten die erste Narkolepsie-Reha in Deutschland, worin bestehen die Reha-Maßnahmen? Warum ist eine Reha notwendig?

„Die spezifische Narkolepsie-Rehabilitation verbindet dabei sämtliche Therapiestrategien. Das Programm beinhaltet neben der medikamentösen Behandlung u.a. psychologische Hilfe (für Tagesstruktur, Depressivität), ein intensives Sport- und Trainingsprogramm, Arbeitstherapie, Musik- und Kunsttherapie sowie Sozialberatung. Durch die Intensivität und Spezifität der Therapien, ergänzt durch Informationsgewinn über die Erkrankung und Austausch der Betroffenen untereinander, stellt die Reha ein zentrales Element zur Verbesserung der Symptomatik, der Lebensqualität und zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit dar.“

Weitere Infos unter erhalten Sie direkt unter www.hellwach-narkolepsie-erkennen.de