Sind Sie eigentlich geimpft?
Diese Frage hören wir in den DGK-Telefonsprechstunden häufiger, vor allem wenn es um die Grippe- und um die COVID-Impfung geht.
Die Argumente für eine Grippe-Impfung können viele nachvollziehen. „Aber die COVID-19-Impfung braucht man doch nun wirklich nicht mehr“, heißt es dann. „Die Pandemie ist vorbei, und keiner erkrankt mehr schwer daran“.
Und genau das ist ein Trugschluss.
Denn die COVID-19-Welle rollt auch in diesem Jahr. Richtig ist, dass es viel weniger schwere Verläufe gibt als zu Beginn der Pandemie, das Virus hat sich gerändert, und es trifft auf eine mittlerweile gut immunisierte Bevölkerung: Fast die gesamte Population ist entweder geimpft oder hat mindestens einmal die Erkrankung durchgemacht, auf die meisten Menschen trifft beides zu.
Dennoch kann es auch heute noch zu schweren COVID-Erkrankungen kommen, und zwar – ähnlich wie bei der Influenza – bei Menschen ab 60 Jahren und chronisch Kranken, vor allem mit einer Störung der Immunabwehr (Immundefizienz, Immunsuppression durch Medikamente, z. B. eine Chemotherapie). Aus guten Gründen empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) daher eine jährliche Auffrischimpfung für diese Risikogruppen.
Ganz ähnlich sind die Empfehlungen für die Influenza-Impfung, meist Grippe-Impfung genannt.
Diese bereits seit Jahrzehnten bestehende Empfehlung wird besser angenommen, aber die Impfraten sind – auch im Sinne eines Herdenschutzes – viel zu
niedrig. Während die Weltgesundheitsorganisation bei Menschen über 60 Jahren eine Impfrate von 75 Prozent anstrebt, lag Deutschland in der Saison
Schaut man, z. B. bei Personal in Kliniken (online-Befragung des RKI bei über 12.000 Beschäftigten), wie die Teilnahme an den auch für sie jährlich empfohlenen Impfungen gegen Grippe und gegen COVID-19 ist, so zeigt sich eine große Diskrepanz: 56 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich gegen Influenza impfen lassen (Männer häufiger als Frauen (61,1 % vs. 54,6 %) und ältere Beschäftigte häufiger als jüngere). Dagegen haben sich innerhalb der letzten 12 Monate nur 16 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kliniken gegen COVID-19 impfen lassen. Ähnliche Verteilungen finden sich auch in der Bevölkerung.
Gut zu wissen:
Zwei Impfungen werden neu von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für jüngere Erwachsene empfohlen: die Nachholimpfung gegen Meningokokken ACWY bis zum 25. Geburtstag und in bestimmten Situationen die Indikationsimpfung gegen Herpes zoster.
Gürtelrose (Herpes zoster) ist eine Erkrankung, die man im Allgemeinen eher mit älteren Menschen assoziiert. Deshalb ist die Zoster-Impfung auch für alle ab 60 Jahre als Standardimpfung empfohlen. Doch auch jüngere Menschen können von Herpes zoster betroffen sein und schwer erkranken, vor allem, wenn sie an chronischen Erkrankungen und Problemen mit der Immunabwehr leiden.
Daher empfiehlt die STIKO jetzt für Personen im Alter ab 18 Jahren mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer angeborenen bzw. erworbenen Immunabwehrstörung oder bei schweren Ausprägungen einer chronischen Grunderkrankung die Impfung mit dem Zoster-Totimpfstoff. Zu dieser Gruppe gehören z. B. Personen mit bzw. nach Stammzell- oder Organtransplantation, unter Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten wie z. B. Chemotherapie, mit Rheuma, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oder Niereninsuffizienz sowie mit COPD, Asthma oder Diabetes mellitus.
Neuerungen gibt es auch bei der Empfehlung gegen Meningokokken.
Die Impfung gegen die Serogruppen A, C, W und Y (MenACWY) wird für alle 12- bis 14-Jährigen als Standardimpfung empfohlen (die bisherige Empfehlung zur monovalenten MenC-Impfung im Alter ab 12 Monaten entfällt, da MenC-Infektionen sehr selten geworden sind). MenACWY-Nachholimpfungen sollen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zum Alter von unter 25 Jahren erfolgen.
Und auch auf Vollständigkeit der sogenannten Standardimpfungen wie gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten und Kinderlähmung (Poliomyelitis) sollten alle Erwachsenen achten.
Denn diese Erkrankungen sind durchaus noch eine Gefahr für Ungeimpfte. Gerade z. B. alarmiert die Nachricht, dass in Hamburg im Abwasser Polioviren (Polio-Wildviren vom Typ 1) nachgewiesen wurden. Der Nachweis von Polio-Wildviren im Abwasser ist ein ungewöhnliches, aber grundsätzlich nicht unerwartetes Ereignis.
Eine vollständige Poliomyelitis-Impfung mit dem in Deutschland eingesetzten Totimpfstoff schützt zuverlässig vor der Erkrankung, darauf weist das Robert Koch-Institut hin. Auch die Diphtherie nimmt wieder zu. Vor knapp 20 Jahren (2001) wurden gar keine Fälle gemeldet, 2010 waren es 8 und 2015 14 Fälle. 2024 wurden dem Robert Koch-Institut dagegen 54 Fälle gemeldet, in diesem Jahr waren es bisher 40. Gute Gründe also, den Impfschutz auch im Erwachsenenalter regelmäßig überprüfen zu lassen.
Quelle:
Deutsches Grünes Kreuz e.V. - www.dgk.de
Quellen:
• Grippereport 2025, Projekt: Grippeschutz
https://www.projektgrippeschutz.de/common/pdf/Grippereport_zur_Saison_2024_2025_Projekt_Grippe-schutz.pdf
• RKI zu humanen Erkrankungen mit aviärer Influenza (Vogelgrippe), Stand 31.10.2025
https://www.rki.de/DE/Themen/Infektionskrankheiten/Infektionskrankheiten-A-Z/Z/ZoonotischeIn-fluenza/Vogelgrippe.html
• RKI OKaPII-Onlinebefragung von Klinikpersonal zur Influenza-Impfung, Ergebnisbericht 2025, Impfschutz für Erwachsene – was gibt es Neues?
• Epid. Bulletin 44/2025: STIKO: Quadrivalente Meningokokken-Impfung für Kleinkinder sowie ältere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene
• Epid. Bulletin 45/2025: STIKO: Erweiterung der Herpes-zoster-Indikationsimpfempfehlung für Personen ≥ 18 Jahre mit erhöhtem Erkrankungsrisiko
• SURVSTAT@RKI 2.0, Robert Koch-Institut, Abfrage am 25.11.2025
• Epid. Bulletin 46/2025: Polio-Wildviren Typ 1 in Abwasserprobe in Hamburg nachgewiesen