Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Rheumatologie: Frauen später diagnostiziert, Männer schwerer betroffen
Deutscher Rheumatologiekongress vom 17. bis 20. September 2025 im RheinMain CongressCenter
Zwar haben Frauen häufiger entzündlich-rheumatische Erkrankungen als Männer, dennoch werden die Erkrankungen bei ihnen oft später erkannt.
Dass männliche Betroffene die Diagnose früher im Krankheitsverlauf erhalten, liegt allerdings nicht daran, dass sie öfter zum Arzt gehen. Vielmehr machen sich Kollagenosen bei Männern häufiger mit schweren Organbeteiligungen bemerkbar. Das zeigen aktuelle Daten aus Beobachtungsstudien.
Über diese und weitere Erkenntnisse zu geschlechtsspezifischen Aspekten in der Rheumatologie diskutieren Expertinnen und Experten auf der Vorab-Pressekonferenz am 11. September 2025 anlässlich des Deutschen Rheumatologiekongresses 2025.
Spondyloarthritiden (SpA) sind eine Gruppe von chronisch-entzündlichen rheumatischen Erkrankungen, die vor allem die Wirbelsäule betreffen.
Lange Zeit galt diese Erkrankung als überwiegend bei Männern vorkommend. „Dabei zeigen neuere Daten ein relativ ausgewogenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern.
Frauen mit axialer Spondyloarthritis erhalten ihre Diagnose jedoch im Schnitt mehr als zwei Jahre später als Männer“, berichtet Dr. med. Katinka Albrecht vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ).
Sie stellt beim Deutschen Rheumatologiekongress Daten aus der Kerndokumentation vor. Albrecht benennt weitere Unterschiede: „Frauen mit Psoriasis-Arthritis haben vermehrt Entzündungen an den Gelenken und den Sehnenansätzen, während bei Männern eine größere Hautfläche betroffen ist. Hingegen manifestiert sich der systemische Lupus erythematodes bei Frauen oft an Haut- und Schleimhäuten, während Männer häufiger eine schwere Nierenbeteiligung, eine Herzbeutelentzündung oder einen Pleuraerguss entwickeln.“
Auch in der Therapie setzen sich die Unterschiede fort: Männer mit Spondyloarthritiden werden häufiger mit TNF-Inhibitoren behandelt, allerdings ist das Ansprechen auf die Therapie bei Frauen geringer. Dies zeigt sich auch bei rheumatoider Arthritis.
Ein genauerer Blick auf Komorbiditäten offenbart außerdem, dass Frauen häufiger von Osteoporose, Depressionen oder Schilddrüsenerkrankungen betroffen sind, während Männer vermehrt Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigen.
„Als Ärztinnen und Ärzte müssen wir uns diese Unterschiede bewusst machen, um für die jeweiligen Patientinnen und Patienten die individuell beste Therapie finden zu können“, betont Albrecht.
Geschlechterunterschiede in der Rheumatologie benennen und beachten
Wie das biologische Geschlecht der Patientinnen und Patienten Diagnostik und Behandlung rheumatischer Erkrankungen beeinflusst, ist ein wichtiges medizinisches Faktum, das die Forschung zunehmend in den Mittelpunkt rückt.
„Diesen Kurs müssen wir verfolgen und Ergebnisse auch systematisch in die Leitlinienarbeit und Behandlung einfließen lassen“, sagt Professor Dr. med. Andreas Schwarting aus Mainz.
„Wir haben genderspezifische Rheumatologie bewusst zum Schwerpunkt des Kongresses gemacht, um die wissenschaftliche Auseinandersetzung und den Dialog zu fördern“, so der Kongresspräsident des Deutschen Rheumatologiekongresses 2025.
Das zahle mittelfristig auch auf das schon seit Jahren bestehende Bestreben der DGRh ein, Diagnosewege zu beschleunigen und Patientinnen und Patienten schnellstmöglich notwendige Therapien zugänglich zu machen.
Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V. - Mitteilung vom 8. September 2025
Quellennachweise:
Albrecht K, Ohrndorf S, Strangfeld A (2024) Geschlechtersensible Aspekte in der Rheumatologie. Z Rheumatol 83 (9):749–759. doi:10.1007/s00393-024-01527-6
Thiele K, Albrecht K, Alexander T, Aringer M, Detert J, Eidner T, Feuchtenberger M, Henes J, Karberg K, Kiltz U, Köhler B, Krause A, Richter JG, Späthling-Mestekemper S, Steinmüller M, Zinke S, Callhoff J (2025) Kerndokumentation der regionalen kooperativen Rheumazentren – Versorgungstrends 2025. DOI: http://dx.doi.org/10.17169/refubium-46216.
Albrecht K, Troll W, Callhoff J, Strangfeld A, Ohrndorf S, Mucke J (2025) Sex- and gender-related differences in systemic lupus erythematosus: a scoping review. Rheumatol Int 45 (7):160. doi:10.1007/s00296-025-05910-7