Durchblutungsstörungen: Betroffen?
Wann gefäßchirurgische Expertise gefragt ist
Ständig kalte Füße?
Das muss nicht unbedingt an Durchblutungsstörungen liegen, dafür kommen viele Ursachen in Betracht.
Woran man aber Gefäßprobleme früh erkennen kann und was dann zu tun ist, erläutert ein Experte der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG).
Durchblutungsstörungen, vor allem in den Extremitäten, sind sehr weit verbreitet und steigen mit zunehmendem Alter an.
Bereits heute leidet mindestens jeder zehnte über 60-Jährige an der sogenannten Schaufensterkrankheit, einer Gefäßwandverkalkung in den Beinen. Früh genug erkannt, lassen sich Durchblutungsstörungen mit Lebensstilmaßnahmen und Medikamenten gut behandeln.
Zunächst das Risikoprofil checken
Aber wie erkenne ich die Erkrankung rechtzeitig, bevor mich Schmerzen in den Beinen unmissverständlich darauf aufmerksam machen? „Wer wissen möchte, ob seine Gefäße von Ablagerungen bedroht sind, sollte sich zunächst fragen, ob er zu einer Risikogruppe gehört“, rät Dr. med. Siamak Pourhassan, Vertreter der niedergelassenen Gefäßchirurginnen und Gefäßchirurgen im Vorstand der DGG.
Grundsätzlich gefährdet sind Menschen mit Bluthochdruck, Übergewicht, erhöhtem Cholesterinspiegel, mit Familienangehörigen, die vor dem 50. Lebensjahr einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben, Rauchende und Ex-Rauchende.
Warnzeichen: Nagelpilz, Haarverlust, trockene Haut, Hautrisse
Darüber hinaus gibt es frühe Warnzeichen, die auf Durchblutungsstörungen hindeuten. Dazu zählen ein Nagelpilz, der Verlust von Haaren auf Zehen oder an Unterschenkeln, trockene Haut und Hautrisse im Bereich der Ferse und Fußsohle sowie in den Zehenzwischenräumen.
„Bei solchen Anzeichen sollte man hellhörig werden, denn sie sprechen für ein Zuflussproblem in den Gefäßen“, meint Pourhassan.
Jetzt sind Hausärztin oder Hausarzt gefragt, Füße und Beine genau zu untersuchen – auch, indem sie die Fußpulse am Innenknöchel tasten und gegebenenfalls eine ABI-Messung vornehmen.
ABI steht für Ankle-Brachial-Index (deutsch: Knöchel-Arm-Index) und gibt Hinweise, wie stark Gefäßablagerungen die Blutzirkulation behindern.
Ganzheitliche Gefäßbetrachtung mit Ultraschall
Sind die Ergebnisse der hausärztlichen Untersuchung auffällig, ist ein Gang zur Gefäßchirurgin oder zum Gefäßchirurgen angezeigt.
„Wir untersuchen dann mit Ultraschall das venöse und arterielle Gefäßsystem, also beide Systeme“, so Pourhassan.
Auch alle Vorbefunde sind nun von Interesse.
„Eine ganzheitliche Betrachtung ist wichtig“, erklärt der DGG-Experte, „denn unsere Gefäße sind ein komplexes Netzwerk, das mit allen Organen und Geweben verbunden ist und von Hormonen und Nerven mitgesteuert wird.“
Wenn nicht von verengten Gefäßen, können kalte Füße unter anderem auch von einer Schilddrüsenunterfunktion, von Blutarmut, niedrigem Blutdruck, Stress oder diabetesbedingten Nervenschäden herrühren.
Wann von einem Gefäßcheck abzuraten ist
Für den Fall, dass keine Risikofaktoren vorliegen, würde Pourhassan von einer prophylaktischen Gefäßuntersuchung eher abraten.
„Einfach mal die Gefäße checken lassen – das halte ich für keine gute Idee“, sagt der DGG-Experte. „Man entdeckt vielleicht Mini-Plaques, die keine gesundheitliche Relevanz haben. Dennoch können solche Befunde beunruhigen und sogar seelisch krank machen“, warnt Pourhassan.
Tanzen gegen Gefäßverkalkung
Steht hingegen fest, dass die Gefäße von zunehmender Verkalkung bedroht sind, sollten Betroffene körperlich aktiv werden. Ideal sind Gefäßsportgruppen, die allerdings noch nicht flächendeckend zu finden sind.
„Patientinnen und Patienten können aber bei Herzsportvereinen oder Selbsthilfegruppen nachfragen oder sich eigeninitiativ in Gruppen zum gemeinsamen Gehtraining treffen“, so Pourhassan.
Falls das nicht möglich ist, hat der DGG-Experte noch einen Tipp parat: „Gehen Sie tanzen! Tanzen ist eines der besten Bewegungsprogramme überhaupt – für die Gefäße, aber auch für die geistige Fitness und das soziale Wohlbefinden.“
Kennen Sie schon den DGG-Podcast?
„Gefäße im Fokus – Fortschritte in der Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin“ ist der neue Podcast der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG). Jeden Monat sprechen PD Dr. Barbara Rantner und PD Dr. med. Farzin Adili mit Expertinnen und Experten über aktuelle Entwicklungen in der operativen, endovaskulären und präventiven Gefäßmedizin.
Hören Sie jetzt rein: https://open.spotify.com/show/2i2cnE2NPu4LwMS2vKR11Q?si=6e269007709648bb