Innovative Entscheidungshilfen für eine bessere Diagnostik bei Schilddrüsenerkrankungen

Studie DIAMANT-SD startet – Aufklärung soll Überdiagnostik und Ängste vermeiden

Die technischen Möglichkeiten, um Schilddrüsenerkrankungen diagnostisch abzuklären, sind vielfältig, aber für Betroffene nicht immer hilfreich oder notwendig.

Eine erste hausärztliche Leitlinie zur Abklärung von Schilddrüsenknoten wird 2025 veröffentlicht. Sie macht deutlich, dass Bluttests und vor allem Ultraschalluntersuchungen oft zu früh oder ohne klaren medizinischen Anlass eingesetzt werden.

Die Folge: Harmlose Schilddrüsenveränderungen verunsichern die Patientinnen und Patienten, und häufig folgen Untersuchungen und operative Eingriffe, die vermeidbar wären.

Das neue Forschungsprojekt „DIAMANT-SD“ (SchilddrüsenDIagnostik in der AMbulANTen Versorgung) des Allgemeinmedizinischen Instituts (Direktor: Prof. Dr. Thomas Kühlein) des Uniklinikums Erlangen will das jetzt ändern – durch die Umsetzung von Leitlinien und eine bessere Risikokommunikation.

Ein Werkzeugkasten für die hausärztliche Praxis

Auf Basis von Leitlinien entwickelt das Forschungsteam um Prof. Dr. Thomas Kühlein, Direktor der Erlanger Allgemeinmedizin, die Ärztinnen Dr. Lisette Warkentin und Dr. Victoria Koschemann sowie die Psychologin Dr. Susann Hueber in den kommenden Monaten ein neues evidenzbasiertes Tool: eine Diagnostik-Box, die Hausärztinnen und -ärzte im Praxisalltag unterstützt.

Darin enthalten: eine Online-Schulung zur angemessenen Abklärung von Schilddrüsenerkrankungen, aber auch zu den Risiken von zu viel Diagnostik. Für das ärztliche Gespräch mit den Betroffenen wird eine digitale Orientierungshilfe erarbeitet, die die Entscheidung für oder gegen weitere Untersuchungen erleichtern soll.

Mit einem digitalen Feedback-Modul können Ärztinnen und Ärzte zudem vergleichen, ob sie mehr Diagnostik durchführen als andere Praxen. Außerdem erhalten Patientinnen und Patienten Informationsmaterial.

Ablauf der Studie

Das wissenschaftliche Projektteam entwickelt die Diagnostik-Box mit Haus- und spezialisierten Fachärztinnen und -ärzten von zwei regionalen Praxis- und Gesundheitsnetzen: Unternehmung Gesundheit Franken UGeF GmbH & Co. KG in Forchheim und Qualität und Effizienz eG in Nürnberg.

Im Anschluss können hausärztliche Praxen in Erlangen und ganz Nordbayern, in Thüringen und Sachsen die Box im Praxisalltag testen. Eine Hälfte der Studienpraxen wird geschult und nutzt die Diagnostik-Box.

Die andere arbeitet weiter wie bisher. Danach vergleicht das Forschungsteam, ob die Diagnostik-Box Ärztinnen und Ärzte sowie Betroffene bei schwierigen Entscheidungen unterstützt und ob unnötige Untersuchungen vermieden werden können.

Wenn sich das Modell bewährt, könnte es auch in anderen Versorgungsbereichen helfen – überall dort, wo medizinische Entscheidungen zu Unsicherheit führen, wo zu viel Diagnostik veranlasst wird und eine verständliche Kommunikation über Nutzen, Grenzen und mögliche Konsequenzen medizinischer Maßnahmen wichtig ist.

Quelle:
Universitätsklinikum Erlangen - Mitteilung vom 12. Mai 2025

Hintergrundinformationen
DIAMANT-SD läuft drei Jahre lang bis 2028 und wird mit rund 1,5 Millionen Euro vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses gefördert.

Projektpartner sind die allgemeinmedizinischen Lehrstühle der Technischen Universität Dresden und des Universitätsklinikums Jena, die GWQ ServicePlus AG als Vertretung von Krankenkassen sowie die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen.

Eng eingebunden sind zudem die Bürgerbeiräte der allgemeinmedizinischen Lehrstühle in Erlangen, Dresden und Jena. Nationale und internationale Expertinnen und Experten aus Versorgungsforschung, Endokrinologie und Allgemeinmedizin begleiten das Projekt.