Großes Leid, meist spät erkannt

Was steckt hinter der Trigeminusneuralgie?

Stechende Schmerzblitze im Gesicht – wie elektrische Schläge – die zu den heftigsten Schmerzen überhaupt zählen, plötzlich auftreten und selbst alltägliche Situationen unerträglich machen können.

Was viele zunächst als Zahnschmerzen fehlinterpretieren, bezeichnen Mediziner als Trigeminusneuralgie.

„Betroffene leiden unter blitzartig einschießenden Schmerzen, die von wenigen Sekunden bis zwei Minuten andauern können. Wichtig ist für die Betroffenen, möglichst schnell eine richtige Diagnose zu stellen“, erklärt Dr. Thorsten Riethmann, Facharzt für Neurochirurgie und Leiter des Instituts für Neuromodulation des zum Klinikverbund St. Antonius und St. Josef gehörenden Petrus-Krankenhaus Wuppertal.

Starke Schmerzen, die plötzlich auftreten

Der Trigeminus- oder auch Drillingsnerv ist mit seinen drei Hauptästen für wichtige Gefühlswahrnehmungen in Stirn, Kopf-, Augen- und Nasenbereich sowie der Kinn- und Kieferregion zuständig und darüber hinaus für die Motorik der Schläfen- und Kaumuskulatur verantwortlich.

Liegt eine Schädigung des Nervs vor, kann es zu Schmerzen kommen, die in ihrer Intensität mit Wehen verglichen werden.

Mediziner unterscheiden zwischen zwei verschiedenen Varianten der Erkrankung.

Eine klassische Trigeminusneuralgie tritt auf, wenn Blutgefäße in der Schädelbasis oder dem Hirnstamm auf den Nerv drücken.

Demgegenüber tritt eine symptomatische Trigeminusneuralgie in Zusammenhang mit einer anderen Krankheit auf.

So rufen beispielsweise Tumore oder auch Multiple Sklerose, als Erkrankung des zentralen Nervensystems, eine Irritation des Gesichtsnervs hervor.

Der Schmerz kann bis zu einhundertmal täglich auftreten und durch verschiedenste Trigger ausgelöst werden.

„Selbst geringfügige Trigger wie ein Luftzug, Kauen oder Sprechen lösen die Schmerzen aus, sodass Patienten sehr stark in ihrem Alltag eingeschränkt sind“, weiß Dr. Riethmann.

Sie können kaum Nahrung zu sich nehmen, neigen zu Schonhaltungen und auch Depressionen.

Studien ergaben, dass bei Betroffenen der Schmerz meist in der rechten Gesichtshälfte auftritt. Außerdem tritt die Erkrankung vermehrt bei Frauen auf und auch die Häufigkeit der Neuerkrankung steigt mit dem 40. Lebensjahr.

Schnelle Diagnose und zielgerichtete Behandlung

Viele Patienten vermuten bei dem ersten Auftreten der Schmerzen eher eine Verbindung mit den Zähnen, daher kommt es häufig fälschlicherweise zunächst dazu, dass Zähne gezogen werden.

Bevor die richtige Diagnose gestellt wird, erleben viele Betroffene zunächst ein regelrechte Ärzte-Odyssee.

Dr. Riethmann führt aus: „Können wir andere Ursachen für den Gesichtsschmerz ausschließen, führen wir bei den Patienten einen MRT-Scan durch. Hier lässt sich deutlich erkennen, ob Gefäße und Nerven sich berühren. Darüber hinaus sehen wir auch weitere mögliche Faktoren wie Aneurysmen oder Tumore auf dem MRT.“

Da die Schmerzen häufig nur für wenige Sekunden oder Minuten auftreten, versprechen Schmerzmittel meist kaum Linderung.

Aus diesem Grund erhalten Patienten meist Natriumkanalblocker, eine Art von Medikamenten, die auch bei Epilepsie Anwendung findet.

Auf Dauer tritt allerdings ein Gewöhnungseffekt bei den Erkrankten auf, sodass sie für ihre Beschwerden immer höhere Dosierungen einnehmen müssen.

Zudem gehören zu den Nebenwirkungen auch Müdigkeit, Schwindel oder kognitive Einschränkungen.

Es gibt aber auch operative Möglichkeiten der Behandlung.

Bei der klassischen Trigeminusneuralgie besteht die Möglichkeit der sogenannten mikrovaskulären Dekompression.

Dabei öffnen Mediziner den Schädel für wenige Zentimeter und fügen ein kleines Polster zwischen Trigeminusnerv und Blutgefäß ein, sodass sich diese nicht mehr berühren können.

Leiden Patienten unter einer symptomatischen Trigeminusneuralgie, muss die ursprüngliche Krankheit behandelt werden.

„Als sanfte Alternative führen wir auch die sogenannte Thermokoagulation durch“, so Dr. Riethmann.

Zunächst führt der Neurologe unter örtlicher Betäubung die Thermokoagulationsnadel bis zur Trigeminuswurzel ein. Erreicht die Nadel die gewünschte Position, erhält der Patient eine Kurznarkose. Dann wird der Nerv durch eine Radiofrequenzsonde durch Wärme von 60, 70 oder 90 Grad punktuell verödet.

Dieses Verfahren kann bei Bedarf auch mehrfach hintereinander durchgeführt werden, bis sich das ideale Ergebnis einstellt. Allerdings verspüren die meisten Patienten bereits nach der ersten Behandlung keine Schmerzen mehr.

Weitere Informationen unter www.petrus-krankenhaus-wuppertal.de