Universitätsklinikum Heidelberg hat als erste deutsche Klinik eine spezielle Herstellungs-Erlaubnis (Krankenhausausnahme-Genehmigung) für CAR-T-Zellen in der Leukämietherapie

Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) hat als erste akademische Einrichtung in Deutschland vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) eine Krankenhausausnahme-Genehmigung für die Herstellung und Anwendung eines neuartigen Zellprodukts zur Behandlung von Blutkrebs erhalten. 

Bei dem Medikament „Heidagen-lecleucel“ handelt es sich um veränderte, patienteneigene Immunzellen, sogenannte chimäre Antigen-Rezeptor (CAR)-T-Zellen. Sie kommen bei chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) zum Einsatz, wenn andere Therapien ausgeschöpft sind. Erste Patientinnen und Patienten werden ab 2026 behandelt.

Eine Krankenhausausnahme-Genehmigung des PEI erlaubt die Behandlung von Patientinnen und Patienten im jeweiligen Krankenhaus sowie die Abgabe des Medikamentes an andere Krankenhäuser, da sich das Medikament als wirksam und sicher erwiesen hat. 

Dazu wies das Team um Professorin Anita Schmitt und Professor Michael Schmitt, Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie, in umfangreichen Vorarbeiten zum einen nach, dass sie die gentechnisch veränderten Zellen qualitätsgesichert gemäß Vorgaben des Arzneimittelgesetzes und EU-weit geltenden Richtlinien („Good Manufacturing Practice“) herstellen können.

Zum anderen belegte das Team in einer klinischen Prüfstudie mit 40 Patientinnen und Patienten mit unterschiedlichen Erkrankungen, dass die Zellprodukte wirksam, nebenwirkungsarm und sicher sind. Die Genehmigung ist Voraussetzung dafür, dass die Kosten der Zelltherapie von den Krankenkassen standardmäßig übernommen werden. Bisher musste bei jeder Behandlung die Kostenübernahme jeweils einzeln beantragt werden.

„Wir rechnen zukünftig mit zwischen zehn und 20 CLL-Patientinnen und -Patienten, die sich pro Jahr mit unseren eigenhergestellten CAR T-Zellen behandeln lassen werden“, sagt Prof. Michael Schmitt. 

„Für große Pharmaunternehmen lohnt es sich nicht, für so kleine Patientengruppen in die aufwändige Entwicklung zu investieren.“ 

Für andere Formen von Leukämien und bestimmten Lymphomen gibt es bereits CAR-T-Zellen aus der pharmazeutischen Industrie. Für die Therapie bei CLL, der häufigsten Leukämieform bei älteren Erwachsenen, stehen dagegen eine Reihe gut wirksamer Medikamente zur Verfügung.

„Kommt es jedoch zum Rückfall und spricht der Krebs auf die herkömmlichen Therapien nicht ausreichend an, fehlte bisher eine Alternative. Mit unseren CAR T-Zellen eröffnet sich eine neue Behandlungsperspektive für Betroffene, die bislang kaum noch therapeutische Optionen hatten“, so Schmitt.

Einzigartige Therapie in Deutschland  

Aktuell bietet nur das Universitätsklinikum Heidelberg eine CAR-T-Zelltherapie speziell gegen CLL an. Die Krankenhausausnahmegenehmigung beinhaltet jedoch die Erlaubnis, die Zellprodukte nicht nur den eigenen Patientinnen und Patienten, sondern bundesweit anderen Kliniken zur Verfügung zu stellen.

Bei CAR-T-Zellen handelt es sich um körpereigene Abwehrzellen (T-Lymphozyten), die im Labor gentechnisch so verändert werden, dass sie Krebszellen deutlich besser erkennen und abtöten können. 

Das Heidelberger Produkt Heidagen-lecleucel (Heidi-cel) zielt auf eine bestimmte Oberflächenstruktur (CD19) der Leukämiezellen und zeichnet sich durch eine besonders gute Verträglichkeit aus. Entwickelt wurde es am UKHD von dem GMP-Laborteam um Prof. Dr. Anita Schmitt und Prof. Dr. Michael Schmitt in enger Zusammenarbeit mit Prof. Peter Dreger, Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie, und unterstützt durch die Kooperation mit Prof. Malcolm Brenner, Baylor College of Medicine, Houston, Texas, USA.

Ein Meilenstein für die Hochschulmedizin 

Die Genehmigung markiert einen bedeutenden Fortschritt für die akademische Zelltherapie in Deutschland. Die Eigenherstellung fördert nicht nur wissenschaftliche und technologische Autarkie, sondern trägt auch zur Kostensenkung im Gesundheitssystem bei. Das Bundesministerium für Gesundheit plant, solche Initiativen zu Eigenherstellung moderner Gen- und Zelltherapien künftig verstärkt finanziell und strukturell zu unterstützen.

Seit 2023 gibt es das „Heidelberger Zentrum für Gen-und Zelltherapie“ und seit 2024 steht eine „Nationale Strategie für gen- und zellbasierte Therapien“, an deren Ausarbeitung mehrere Experten des UKHD beteiligt waren. Sie soll sicherstellen, dass neue Erkenntnisse und Therapieansätze aus der Forschung schnell bei Patientinnen und Patienten ankommen. 

„Heidagen-lecleucel ist ein Musterbeispiel dafür, wie Arzneimittel für neuartige Therapien – zum Beispiel Gen- und Zelltherapien – zeitnah, wirtschaftlich und flächendeckend ihren Weg in die Krankenversorgung finden“, sagt Professor Dr. Carsten Müller-Tidow, Ärztlicher Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie am UKHD, der sich seit Jahren dafür engagiert, die dazu notwendigen Strukturen auszuarbeiten und deutschlandweit zu vereinheitlichen.

Weitere Informationen im Internet

Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie des UKHD 
- https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/kliniken-institute/kliniken/zentrum-fuer-innere-medizin-krehl-klinik/innere-medizin-v-haematologie-onkologie-und-rheumatologie

AG Zelluläre Immuntherapie / GMP-Labor
https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/kliniken-institute/kliniken/zentrum-fuer-innere-medizin-krehl-klinik/innere-medizin-v-haematologie-onkologie-und-rheumatologie/forschung/forschungsbereich-zell-und-immuntherapie/ag-zellulaere-immuntherapiegmp-labor-prof-schmitt 

Universitätsklinikum und Medizinische Fakultät Heidelberg: Krankenversorgung, Forschung und Lehre von internationalem Rang

Das Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät Heidelberg der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. 

Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für Patientinnen und Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 14.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. 

In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit rund 2.500 Betten werden jährlich circa 86.000 Patientinnen und Patienten voll- und teilstationär und mehr als 1.100.000 Patientinnen und Patienten ambulant behandelt. Gemeinsam mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) hat das UKHD das erste Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg etabliert. 

Ziel ist die Versorgung auf höchstem Niveau als onkologisches Spitzenzentrum und der schnelle Transfer vielversprechender Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik. 

Zudem betreibt das UKHD gemeinsam mit dem DKFZ und der Universität Heidelberg das Hopp Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ), ein deutschlandweit einzigartiges Therapie- und Forschungszentrum für onkologische und hämatologische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. 

Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit befinden sich an der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) rund 4.000 angehende Ärztinnen und Ärzte in Studium und Promotion.

Wer gern mehr erfahren möchte, schaut bitte direkt unter www.klinikum.uni-heidelberg.de