Krankmachendes Erbe von Neandertalern

Wer die Neandertaler-Variante des Glutathion-Reduktase-Gens in sich trägt, hat ein  höheres Risiko, an Gefäßkrankheiten und entzündlichen Darmerkrankungen zu leiden.

Das haben Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie Leipzig und des Karolinska Institutet Stockholm herausgefunden.

Unsere Vorfahren haben sich vor etwa 60.000 Jahren mit den Neandertalern vermischt.

Das Ergebnis dieser Liaisons zeigt sich noch anhand von Neandertaler-Genen, die im Erbgut heute lebender Menschen zu finden sind.

Eins dieser Gene enthält den Bauplan eines Proteins Namens Glutathion-Reduktase.

Dieses Protein ist am Schutz gegen oxidativen Stress beteiligt.

Die meisten modernen Menschen tragen eine „weiterentwickelte“ Version dieses Gens in sich. Diese schützt – im Vergleich mit der Neandertalervariante – besser vor Entzündungen und Gefäßerkrankungen.

Diese beiden Krankheiten stehen mit oxidativem Stress in Verbindung.

Forscher unter Leitung von Dr. Hugo Zeberg und Prof. Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie Leipzig zeigen, dass die Neandertaler-Version dieses Proteins mehr reaktive Sauerstoffradikale erzeugt, die oxidativen Stress verursachen.

„Die Risikoerhöhungen, die wir sehen, sind groß – es besteht ein mehrfach erhöhtes Risiko für entzündliche Darmerkrankungen und Gefäßkrankheiten“, so Zeberg.

Auf dem indischen Subkontinent tragen zwischen ein bis zwei Prozent der Menschen die Neandertalervariante des Glutathion-Reduktase-Gens. In der europäischen Population hingegen kommt sie sehr selten vor, dies zeigen Genomanalysen.

Die Forscher spekulieren, dass unsere längere Lebenserwartung mit der modernen Genvariante zusammenhängen könnte, die die meisten Menschen heute in sich tragen.

Quellen:
www.mpg.de/18102838/0104-evan-protection-against-oxidative-stress-150495-x
• Lucia Coppo, Pradeep Mishra, Nora Siefert, Arne Holmgren, Svante Pääbo and Hugo Zeberg: A substitution in the
glutathione reductase lowers electron leakage and inflammation in modern humans; Science Advances, 05 January 2022, https://doi.org/10.1126/sciadv.abm114