Kassen müssen Fristen einhalten

Wenn die Krankenkasse auf einen Antrag nicht zeitig reagiert, dürfen sich Versicherte die nötige Leistung ohne Zusage selbst beschaffen.

Doch wer später nicht auf den Kosten sitzenbleiben will, sollte vorsorgen

Detlef S. ist berufstätig und alleinerziehend – eine Doppelbelastung, die ihm zu schaffen macht. Auf dringenden Rat seines Hausarztes beantragt der 37-Jährige für sich und seinen vierjährigen Sohn eine Kur. Die Mutter lebt im Ausland und sonst kann niemand auf das Kind aufpassen. Doch die gesetzliche Krankenversicherung reagiert nicht – mittlerweile seit vier Wochen.

„Eigentlich könnte der Patient jetzt ohne Zusage die Kur antreten, denn laut Patientenrechtegesetz sollte die Kasse längst geantwortet haben“, erklärt Michaela Schwabe von der Berliner Beratungsstelle der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD).

Bei Leistungen wie Zahnersatz, Haushaltshilfe oder Reha, die vorab genehmigt werden müssen, muss das innerhalb von drei Wochen geschehen. B

raucht die Kasse für ihre Entscheidung ein ärztliches Gutachten, muss sie das dem Antragsteller mitteilen und hat dann insgesamt fünf Wochen Zeit, bei Zahnersatz sechs Wochen.

Schwabe: „Reagiert sie innerhalb dieser Fristen nicht, ist der Antrag automatisch genehmigt.“

Das Geld für die Vater-Kind-Kur müsste S. dann allerdings vorstrecken. Zwar kann er es sich später in voller Höhe von der Krankenkasse zurückholen. „Aber es bleibt ein Risiko, dass er auf den Kosten sitzenbleibt“, sagt die Patientenberaterin. Denn als Laie könne man nicht immer einschätzen, welche medizinischen Leistungen tatsächlich notwendig sind und bezahlt werden.

Detlef S. hakt daher nochmal nach: Er schreibt seiner Versicherung, dass er die Kur gemäß Patientenrechtegesetz § 13 Absatz 3a SGB V als genehmigt ansehe und sie demnächst antreten werde. „Daran kann die Kasse aber kein Interesse haben, weil es so teurer für sie wird“, erklärt Schwabe. Für die Reha-Klinik gilt S. in diesem Fall nämlich als Privatpatient und entsprechend höher wäre die Rechnung, die ihm seine Krankenkasse später erstatten müsste.

„Hört man dann noch immer nichts und will die Kur tatsächlich antreten, sind Vorsichtsmaßnahmen sinnvoll“, so die Beraterin. Der Patient sollte der Klinik mitteilen, dass er von der Versicherung keine Zusage für eine Kostenübernahme hat, und schriftlich mit ihr vereinbaren, dass er nur Behandlungen bekommt, die erstattet werden. „So eine Absicherung empfiehlt sich in jedem Fall“, rät Schwabe. „Und das nicht nur bei Kuren, sondern immer wenn die Kasse auf einen Antrag nicht zeitig reagiert und man sich solche Leistungen ohne Zusage selbst beschaffen möchte – zum Beispiel einen Zahnersatz.“

UPD-Tipp:
Am besten stellen Sie den Antrag schriftlich per Einschreiben mit Rückschein oder geben ihn persönlich gegen eine Empfangsbestätigung bei der Kasse ab. So lässt sich im Streitfall nachweisen, dass Ihr Antrag wirklich angekommen ist. Weitere Fragen zu Eltern-Kind-Kuren beantwortet neben der UPD das Müttergenesungswerk (www.muettergenesungswerk.de).

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Die UPD berät per Gesetz neutral und kostenlos zu allen Gesundheitsfragen – vor Ort in 21 regionalen Beratungsstellen (Adressen siehe www.upd-online.de), über ihren Arzneimittelberatungsdienst und ein kostenfreies* Beratungstelefon:

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Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) berät seit 2006 Patientinnen und Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen – qualitätsgesichert, kostenfrei, neutral und unabhängig.

Hierbei handelt sie im gesetzlichen Auftrag nach § 65 b Sozialgesetzbuch V. Ziel ist es, die Patientenorientierung im Gesundheitswesen zu stärken und Problemlagen im Gesundheitssystem aufzuzeigen. Die UPD berichtet daher einmal jährlich über die Erkenntnisse ihrer Beratungsarbeit an den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten.

Finanziert wird die UPD durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der per Gesetz keinen Einfluss auf den Inhalt oder den Umfang der Beratungstätigkeit nehmen darf. Für die muttersprachliche Beratung in Russisch und Türkisch existiert eine gesonderte Förderung durch den Verband der Privaten Krankenversicherung

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