Neue schonende Methode zur Risikoabschätzung bei Lebererkrankungen

Ein interdisziplinäres Forschungsteam der MedUni Wien zeigt in einer aktuellen Studie, dass die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) als schonendes Verfahren für die Vorhersage von Komplikationen bei chronischen Lebererkrankungen angewendet werden kann.

Dafür haben die WissenschafterInnen ein an der MedUni Wien entwickeltes, einfaches Risikostratifizierungssystem – den Functional Liver Imaging score (FLIS) – mit der Milzgröße kombiniert. Dieses neue nicht-invasive Verfahren kann invasive Untersuchungen ergänzen.

Die Studienergebnisse wurden kürzlich im renommierten „Journal of Hepatology“ publiziert.

Für ihre Studie analysierte die multidisziplinäre ForscherInnengruppe der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin und der Universitätsklinik für Innere Medizin III von MedUni Wien und AKH Wien PatientInnen der Leberzirrhose-Ambulanz des Universitätsklinikums AKH Wien.

Dabei bestätigte sich der hohe Nutzen des an der MedUni Wien entwickelten Functional Liver Imaging Score (FLIS) als Ergänzung bzw. mögliche Ablöse bisheriger invasiver Verfahren zur Abschätzung von Schweregrad und Sterblichkeitsrisiko.

Mit der im Rahmen der aktuellen Studie erstmals durchgeführten Verknüpfung von FLIS und Milzgröße entwickelten die WissenschafterInnen die neue nicht-invasive Methode weiter. Denn aus der Kombination gewannen sie ergänzende Informationen zur Risikoabschätzung bei PatientInnen mit fortgeschrittenen chronischen Lebererkrankungen.

Milzgröße als Risikomarker

Der FLIS wird mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) unter Verwendung eines leberspezifischen Kontrastmittels erhoben und auf einer Skala von 0 bis 6 Punkten dargestellt.

In der Studie stellte sich heraus, dass PatientInnen mit fortgeschrittener Lebererkrankung und einem niedrigen FLIS (0-3 Punkte) oder einem hohen FLIS (4-6 Punkte), aber einer großen Milz (>13cm Durchmesser) im Vergleich zu PatientInnen mit hohem FLIS (4- 6 Punkte) und kleiner Milz (≤13cm) ein 3,2-fach erhöhtes Risiko für Leber-assoziierte Komplikationen aufweisen.

Weiters hatten PatientInnen mit einem niedrigen FLIS (0-3 Punkte) unabhängig von der Milzgröße im Vergleich zu jenen mit hohem FLIS (4-6 Punkte) und kleiner Milz (≤13cm) ein 8,5-fach erhöhtes Sterberisiko.

Mit der Kombination von FLIS und Milzgröße griffen die ForscherInnen die in der Medizin schon länger bekannte Tatsache auf, dass es im Zuge einer chronischen Lebererkrankung häufig zu einem Bluthochdruck in dem der Leber vorgeschalteten Blutkreislauf (Pfortaderhochdruck) kommt.

Dieser treibt das Auftreten von Komplikationen voran und führt zu einer Vergrößerung der Milz: Je schwerwiegender die Lebererkrankung, desto ausgeprägter ist der Pfortaderhochdruck – und desto größer ist die Milz.

Die Erkenntnisse aus der Studie sollen nun durch multizentrische, also an verschiedenen Einrichtungen parallel durchgeführte klinische Untersuchungen bestätigt werden. Wie die AutorInnen der aktuellen Analyse, Nina Bastati und Lucian Beer von der Universitätsklinik für Radiologie und Nuklearmedizin von MedUni Wien und AKH Wien, betonen, können die fMRT mittels leberspezifischem Kontrastmittel und die Milzgrößenmessung bereits jetzt in der klinischen Praxis angewendet werden.

Erschienen in:
Journal of Hepatology - Gadoxetic Acid-enhanced MRI-derived Functional Liver Imaging Score (FLIS) and Spleen Diameter Predict Outcomes in ACLD

Nina Bastati, Lucian Beer, Ahmed Ba-Ssalamah, Sarah Poetter-Lang, Raphael Ambros, Antonia  Kristic, David Lauber, Katharina Pomej, Teresa Binter, Benedikt Simbrunner, Georg Semmler, Lornz Balcar, Yesim Bican, Jacqueline C. Hodge, Thomas Wrba, Michael Trauner, Thomas Reiberger, Mattias Mandorfer.

DOI: 10.1016/j.jhep.2022.04.032
https://doi.org/10.1016/j.jhep.2022.04.032

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