Brustkrebsdiagnose gefährdet?

Drohende Unterversorgung bei der kurativen Mammografie

Beim Verdacht auf Brustkrebs ist schnelles Handeln erforderlich. Trotzdem warten in Teilen Bayerns zahlreiche Menschen mit Schmerzen, einem auffälligen Tastbefund oder im Rahmen der Tumornachsorge mehrere Monate auf einen Termin zur Mammografie.

Das heißt, wenn entsprechende Untersuchungen überhaupt noch angeboten werden.

„Wie fragil die Versorgung mittlerweile ist, zeigt sich vor allem im Norden Bayerns“, erklärt Prof. Dr. Stephan Schmitz, Facharzt für Radiologie und Mitglied im Vorstand der Radiologie Initiative Bayern. „Wie eine Erhebung[1] von mir zeigt, wurden hier viele Praxen von Investoren aufgekauft, saniert und das Leistungsspektrum gekürzt.“

Und auch in den übrigen Regionen mussten Standorte komplett schließen oder sich aus der kurativen Mammografie zurückziehen, mit negativen Folgen für die Versorgungsituation.

Wenn Aufschieben zum Problem wird

Bei Brustkrebs kann der Zeitpunkt der Diagnose entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung sein.

Dabei gilt: Je früher der Tumor als solcher erkannt wird, desto besser lässt sich das ungehemmte Zellwachstum zügeln.

„Entsprechend problematisch sind Wartezeiten von bis zu 248 Tagen in manchen Regionen Bayerns“, weiß Dr. Thomas Ullein, Facharzt für diagnostische Radiologie.

Abgesehen vom zusätzlichen Stressfaktor, der Unklarheit und der psychischen Belastung lässt sich im Einzelfall nicht ausschließen, dass Verzögerungen negative Konsequenzen für Therapieoptionen und Heilungschancen haben – insbesondere, wenn ein aggressives Karzinom heranwächst.

„Dabei gestaltet sich vor allem in den ländlich geprägten Teilen von Ober- und Mittelfranken sowie Oberbayern die Versorgungssituation so schwierig, dass vor Ort nur Notfalltermine möglich sind oder Mammografie außerhalb des Screening-Programms überhaupt nicht mehr angeboten wird[2]“, betont Dr. Ullein.

Patienten bleibe hier oft keine andere Möglichkeit, als längere Anfahrtswege auf sich zu nehmen.

Mangelwirtschaft triMfft auf Mammografie

Gründe für die desolate Lage gibt es viele. „Gegenwärtig wird die kurative Mammografie in der ambulanten Versorgung sowohl von Gynäkologen als auch von Radiologen angeboten“, führt Prof. Schmitz aus.

Prognosen zeigen jedoch schon heute, dass die Zahl der mammografierenden Gynäkologen mittel- bis langfristig aufgrund von Änderungen in den Weiterbildungsmöglichkeiten auf eine nicht ausreichende Zahl abfällt.

Auffangen soll diese Ausfälle die Radiologie – so weit zumindest die Theorie.

„In der Praxis fehlen jedoch auch in diesem Bereich nicht nur zahlreiche Fachkräfte, sondern auch entsprechende Weiterbildungsplätze“, so Prof. Schmitz. „Aktuell müsste viel mehr Personal speziell geschult werden, um einer drohenden Unterversorgung entgegenzuwirken. In der Realität schaffen es aber nicht einmal große Kliniken, ihre eigenen Weiterbildungsassistenten adäquat auszubilden.“

Potenziert wird diese Negativentwicklung zusätzlich von der in der aktuellen Honorarsystematik der Kassenärztlichen Vereinigung.

Angesichts einer nicht leistungsgerechten Entlohnung durch die Krankenkassen sinkt Bereitschaft junger Ärzte, sich für eine Subspezialisierung Mammadiagnostik zu entscheiden.

Mehr noch: „Anstatt bessere Anreize zu schaffen, sorgt die mittlerweile unkalkulierbare Vergütung seitens der KVB für Verluste in gleich doppelter Hinsicht“, ergänzt Dr. Thomas Ullein. „Der Rückgang von Kompetenzen wird eine Kettenreaktion auslösen. Die betroffenen Praxen werden nach und nach auch Mammografie- und Sonografiegeräte abschaffen oder alte Technik nicht mehr durch neue ersetzen. In der Folge verlängern sich nicht nur die Wartezeiten weiter, sondern auch die Versorgungssituation verschlechtert sich.“

Weitere Informationen erhalten Sie direkt unter www.radiologie-initiative-bayern.de