Zelluläre Therapien bei Rheuma: Krankheitskontrolle ohne Immunsuppression

Zelluläre Therapien zählen derzeit zu den innovativsten Forschungsfeldern in der Rheumatologie. Sie nutzen körpereigene Abwehrzellen, um fehlgeleitete Immunreaktionen gezielt zu beeinflussen. 

Für Patientinnen und Patienten mit schwer behandelbaren entzündlich-rheumatischen Erkrankungen eröffnen zelluläre Therapien neue Behandlungsoptionen. 

Das Thema steht im Zentrum des Deutschen Rheumatologiekongresses 2025 und der Kongress-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie und Klinische Immunologie e.V. (DGRh) am 18. September.

„Mit den neuen zellulären Therapien rückt erstmals eine potenziell krankheitsmodifizierende Behandlung der rheumatologischen Autoimmunerkrankungen in greifbare Nähe“, sagt Professor Dr. med. Ulf Wagner, Präsident der DGRh aus Leipzig. 

Kern der neuen Verfahren ist Präzision statt Dauertherapie. Bei der sogenannten CAR-T-Zelltherapie werden Rheumakranken eigene T-Zellen entnommen. Diese weißen Blutkörperchen sind ein entscheidender Teil der Immunabwehr. 

Die T-Zellen werden im Labor gentechnisch verändert und anschließend den Patientinnen und Patienten wieder injiziert. 

Sie erkennen die krankmachenden B-Zellen im Körper und schalten diese gezielt aus – ein Prinzip, das sich bereits in der Krebsmedizin bewährt hat und nun auf Autoimmunerkrankungen wie systemischen Lupus erythematodes (SLE), Sklerodermie oder rheumatoide Arthritis (RA) übertragen wird. B-Zellen spielen bei diesen Erkrankungen eine Schlüsselrolle, und ihre gezielte Beseitigung durch Car-T-Zellen kann die krankheitsauslösenden Prozesse an ihrem Ursprung stoppen.

Ein anderer Ansatz arbeitet mit bispezifischen Antikörpern, die im Körper T-Zellen dazu bringen, gezielt gegen fehlgeleitete B-Zellen vorzugehen. Beide Konzepte unterscheiden sich grundlegend von klassischen Immunsuppressiva, die bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen breit im Organismus wirken, das Immunsystem insgesamt dämpfen und mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein können. 

„Die bisherigen klinischen Studien liefern ermutigende Ergebnisse“, sagt Professor Wagner. In einer Untersuchung zu systemischem Lupus erythematodes erreichten alle behandelten Betroffenen eine vollständige Remission, also ein Abklingen der Erkrankung. Dies gelang ohne zusätzliche immunverändernde Medikamente. Bei Patientinnen und Patienten mit systemischer Sklerose verbesserten sich nach

CD19-CAR-T-Zelltherapie Organfunktion und Lebensqualität. Auch bei therapieresistenter rheumatoider Arthritis erreichten die Behandelnden mit bispezifischen Antikörper eine Krankheitskontrolle. Selbst in einzelnen Fällen seltener Erkrankungen wie der Granulomatose mit Polyangiitis zeigte sich eine positive Wirkung. 

„Diese Daten deuten darauf hin, dass wir mit zellulären Therapien einen neuen Behandlungsweg eröffnen können, insbesondere für Patientinnen und Patienten, für die bisher kaum noch Optionen bestanden“, so Wagner.

Zelluläre Therapien bieten nicht nur die Möglichkeit, die Krankheitsaktivität gezielt zu unterdrücken. Sie mindern auch Nebenwirkungen, weil das Immunsystem nicht dauerhaft geschwächt werden muss. 

Zudem öffnet sich ein neues Feld personalisierter Medizin, indem Therapien individuell auf die genetischen und immunologischen Profile der Erkrankten zugeschnitten werden. Gleichzeitig ist die Herstellung von CAR-T-Zellen komplex und kostenintensiv, die Verfahren bislang nur in spezialisierten Zentren möglich. 

Mögliche Langzeitfolgen für das Immunsystem müssen weiter erforscht werden. 

„Bisherige Erfahrungen zeigen, dass Nebenwirkungen beherrschbar sind, wenn die Therapie sorgfältig überwacht wird“, so der Experte. „Die zellulären Therapien eröffnen vielversprechende Perspektiven,“ fasst auch Kongress-Präsident Professor Dr. Andreas Schwarting zusammen. „Die kommenden Jahre werden zeigen, wie wir diese innovativen Ansätze in die breitere klinische Praxis übertragen können.“ 

In ihrer neuen „Kommission zelluläre Therapie“ setzen sich Expertinnen und Experten der DGRh intensiv mit den Chancen dieser zukunftsweisenden Verfahren auseinander.

Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) - Mitteilung vom  15. September 2025

Quellen

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Bucci L, Hagen M, Rothe T, et al. Bispecific T cell engager therapy for refractory rheumatoid arthritis. Nat Med 2024;30(6):1593–1601. doi:10.1038/s41591-024-02964-1

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