Bundesregierung kürzt bei Prävention – DGVS warnt vor verpasster Chance
Haushaltsausschuss stimmt Gesundheitsetat zu
Der Etat des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) wächst in den kommenden Jahren deutlich: von 16,7 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf über 20 Milliarden Euro im Jahr 2026.
Doch im Kapitel „Prävention und Gesundheitsverbände“ sieht der Haushaltsplan Kürzungen vor: Die Mittel sinken von 1,09 Milliarden Euro in 2024 auf 959 Millionen Euro in 2025.
Den entsprechenden Etat hat der Haushaltsausschuss des Bundestages am vergangenen Freitag mit Stimmen der Regierungskoalition beschlossen.
Für 2026 plant die Bundesregierung derzeit sogar nur noch 720 Millionen Euro für „Prävention und Gesundheitsverbände“ ein.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) kritisiert diese Entwicklung und betont: Prävention ist keine bloße Option, sondern muss endlich zur gesundheitspolitischen Priorität werden.
In der Gastroenterologie steigen die Krankheitszahlen seit Jahren: Immer mehr Menschen leiden an einer Fettleber oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, die auch zu Krebs führen können. Entsprechend schätzt die DGVS, dass für die Behandlung gastroenterologischer Krebserkrankungen aktuell über 10 Milliarden Euro jährlich anfallen.
„Angesichts der angespannten Finanzlage des Gesundheitswesens ist es höchste Zeit für eine Präventionsoffensive!“, betont Professor Dr. med. Heiner Wedemeyer, Präsident der DGVS und Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule Hannover.
„Anstatt Erkrankungen später teuer zu therapieren, sollten wir in die Zukunft investieren und die Anstrengungen in den Bereichen Prävention, Früherkennung und Gesundheitsbildung deutlich intensivieren“, ergänzt auch Professorin Dr. med. Birgit Terjung, Mediensprecherin der DGVS und Chefärztin am St. Josef Hospital Bonn.
Die DGVS-Fachleute sehen die Kürzungen im entsprechenden Kapitel im Etat des Bundesministeriums für Gesundheit als falsches Signal.
„In den Krankenhäusern und Praxen behandeln wir täglich Patientinnen und Patienten, deren Erkrankungen wie Fettleber, Darmkrebs oder Adipositas durch wirkungsvolle Prävention und Früherkennungsmaßnahmen zu verhindern gewesen wären“, so Professor Wedemeyer.
In der Gastroenterologie stehen bereits zahlreiche wirksame Präventionsmöglichkeiten zur Verfügung – von strukturell verankerten Programmen wie dem Darmkrebs- und Hepatitis-Screening oder der Helicobacter-Eradikation bis zu Leitlinienempfehlungen, die das große Potenzial risikoadaptierter Strategien wie zum Beispiel eines Fettleber-Screenings bei gefährdeten Personengruppen unterstreichen.
„Wir in der Gastroenterologie haben schon gezeigt, dass sich Vorsorge wirklich auszahlt!“
Viele Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes ließen sich durch einen gesunden Lebensstil und eine ausgewogene Ernährung abwenden. Doch auch für die gesundheitliche Aufklärung der Bevölkerung sieht der BMG-Etat nur rund 26 Millionen Euro für 2026 vor – ein leichtes Plus gegenüber 2025, aber dennoch zu wenig, so die Fachgesellschaft.
„Die Industrie investiert Milliarden, um die Bevölkerung und vor allem Kinder für ungesunde Lebensmittel zu gewinnen. Hier müssten wir mit breit angelegten Informationskampagnen entgegenwirken“, betont Professorin Terjung.
„Der Nachteil der Prävention ist, dass sich Kostenersparnisse nicht schwarz auf weiß in Bilanzen niederschlagen. Daher müssen wir alle – und vor allem die Bundesregierung – Prävention als Investition in eine gesunde Gesellschaft begreifen“, appelliert DGVS-Präsident Wedemeyer.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie über 7000 in Klinik und Forschung tätige Ärztinnen und Ärzte unter einem Dach.
Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle der Patientinnen und Patienten.
Zusatzinformationen:
· In einer aktuellen Folge des DGVS-Podcast „Gastro Geplauder“ widmen sich Heiner Wedemeyer und Dietrich Hüppe der Frage, was in der Darmkrebsvorsorge bislang erreicht werden konnte: Erfolgsstory Darmkrebsvorsorge: Was haben wir wirklich erreicht? - GASTRO GEPLAUDER: Der gastroenterologische Wissens-Podcast | Podcast on Spotify
· Die DGVS hat sich auch in ihrer Jahrespressekonferenz mit Prävention in verschiedenen Bereichen der Gastroenterologie auseinandergesetzt. Mehr dazu: Jahrespressekonferenz 2025 - DGVS - Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten