Schlaganfallrisiken Bluthochdruck und Vorhofflimmern
In Deutschland erleiden jährlich rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall.
Laut Statistik sterben bis zu 40 Prozent der Betroffenen innerhalb des ersten Jahres, bis zu 60 Prozent sind auch ein Jahr nach dem Schlaganfall auf Therapien oder Pflege angewiesen. Damit zählt der Schlaganfall zu den sogenannten Volkskrankheiten.Dabei gehen die Expert:innen davon aus, dass ein großer Teil der Schlaganfälle vermieden werden könnte.
Um für die Erkrankung zu sensibilisieren, stellt die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe den diesjährigen bundesweiten „Tag gegen den Schlaganfall“ am 10. Mai unter das Motto „Stopp den Schlaganfall“ und fokussiert dabei auf typische Risikofaktoren der Erkrankung.
Hierzu zählen neben anderen der Bluthochdruck und das Vorhofflimmern. Beide gelten als wesentliche Ursachen für einen Schlaganfall – nicht zuletzt, weil sie oft zu spät erkannt und nicht konsequent behandelt werden.
Diese Erfahrung machen auch Prof. Dr. Dominik Michalski, Oberarzt der Schlaganfallspezialstation der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Prof. Dr. Tom Lindner, Leiter des Bereichs Nephrologie, und Prof. Dr. Rolf Wachter, stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie, die am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) gemeinsam Betroffene behandeln.
Was genau passiert bei einem Schlaganfall?
Prof Michalski: Bei einem Schlaganfall liegt meist ein plötzlich auftretender Gefäßverschluss vor, der zu einer Mangelversorgung des Gehirns mit Blut und Sauerstoff führt. Folge ist eine gestörte Funktion oder sogar ein Absterben der Nervenzellen innerhalb des betroffenen Hirngebiets, was zu Symptomen wie beispielsweise halbseitigen Gefühlsstörungen und Lähmungen, aber auch Sprach- bzw. Sprechstörungen führen kann.
Der zu Grunde liegende Gefäßverschluss entsteht entweder durch Veränderungen in den Gefäßwänden, die sogenannte Arteriosklerose, die sich über einen längeren Zeitraum ausgebildet haben, oder ein Blutgerinnsel, welches über die Blutbahn transportiert wird und in dieser steckenbleibt. Bei einer anderen Form des Schlaganfalls, der sogenannten Hirnblutung, kommt es dagegen zu einem Einriss eines Gefäßes innerhalb des Gehirns. Dadurch tritt Blut aus, was zu einer Beeinträchtigung der Nervenzellen führt.
Welche Risikofaktoren für Schlaganfälle gibt es?
Prof. Michalski: Es existieren vielfältige Risikofaktoren für einen Schlaganfall, die bei Betroffenen individuell in unterschiedlichem Ausmaß ausgeprägt sein können. Neben dem Rauchen, der fehlenden körperlichen Bewegung und dem Übergewicht sowie Störungen des Fett- und Zuckerstoffwechsels sind das vor allem der Bluthochdruck und das Vorhofflimmern, eine besondere Form der Herzrhythmusstörung.
Warum nehmen der Bluthochdruck und das Vorhofflimmern eine so besondere Rolle ein?
Prof. Michalski: Beide Risikofaktoren können über einen längeren Zeitraum unentdeckt bleiben, weil sie für sich genommen nicht unbedingt Beschwerden verursachen. Genau hier liegt die Gefahr, denn oft werden beide Risikofaktoren erst im Rahmen medizinischer Untersuchungen oder sogar erst nach dem eingetretenen Schlaganfall erkannt.
Prof. Lindner: Hinzu kommt, dass der Blutdruck zu den gut beeinflussbaren Risikofaktoren gehört, sodass mit einer konsequenten Therapie ein echter Beitrag zur Verhinderung von Schlaganfällen geleistet werden kann.
Prof. Wachter: Beim Vorhofflimmern ist es ähnlich – einmal nachgewiesen, gibt es effektive Methoden, die zu einer Senkung des Risikos für einen Schlaganfall führen. Hierzu zählt in erster Linie die Anwendung sogenannter Antikoagulanzien, die, vereinfacht gesagt, zu einer Blutverdünnung führen und damit die Bildung von Gerinnseln verhindern sollen.
Wie kann man vor diesem Hintergrund einem Schlaganfall am besten vorbeugen?
Prof. Lindner: Für den Blutdruck gilt, dass er regelmäßig gemessen werden sollte. Dies kann in der betreuenden hausärztlichen Praxis oder auch mit einem eigenen Blutdruckgerät zu Hause erfolgen. Im Optimalfall misst man den Blutdruck morgens und abends jeweils zwei- bis dreimal in sitzender Position nach einer Ruhezeit von circa fünf Minuten.
Mit den hierbei aufgeschriebenen Werten und einer eventuell noch ergänzten Langzeit-Blutdruckmessung über einen oder mehrere Tage, wofür entsprechende Geräte existieren, können die betreuenden Hausärzt:innen entscheiden, ob ein Bluthochdruck vorliegt und eine Behandlung notwendig ist.
Prof. Wachter: Das Vorhofflimmern wird klassischerweise mit einem EKG diagnostiziert, das entweder in der hausärztlichen Praxis oder im Krankenhaus durchgeführt wird. In der Primärprophylaxe, das heißt vor einem Schlaganfall, liegen keine Empfehlungen zur Frage vor, wie oft ein solches EKG bei sonst gesunden Personen erfolgen soll. Bei Beschwerden wie einem Herzstolpern oder einem phasenweise beschleunigten Puls, sollte ein EKG jedoch zur Routinediagnostik gehören.
Unklar ist aktuell noch, welchen Stellenwert moderne Technologien in manchen Smart Watches bei der Erkennung des Vorhofflimmerns haben. Sicher ist aber, dass ein häufigeres Suchen nach einem Vorhofflimmern auch mit einem häufigeren Nachweis einhergeht.
Was tun, wenn es doch zu einem Schlaganfall kommt und erhöhte Blutdruckwerte vorliegen bzw. ein Vorhofflimmern festgestellt wird?
Prof. Michalski: Im Falle eines Schlaganfalls überprüft die behandelnden Schlaganfallspezialstation die typischen Risikofaktoren und ergänzt in Abhängigkeit von den Begleiterkrankungen auch noch eine Suche nach seltenen Ursachen. Meine Kollegen und ich sind uns einig, dass die von den Fachgesellschaften ausgearbeiteten konkreten Empfehlungen zur Behandlung individuell vorliegender Risikofaktoren einen echten medizinischen Fortschritt darstellen.
So wird langfristig ein Blutdruck von weniger als 140/90 angestrebt. Bei guter Verträglichkeit kann der Blutdruck sogar auf systolische Werte von 120 bis 130 gesenkt werden, wofür mehrere Präparate innerhalb der Gruppe der sogenannten Antihypertensiva zur Verfügung stehen.
Wird ein Vorhofflimmern festgestellt oder ist dieses bereits aus zurückliegenden Untersuchungen bekannt, sollten die bereits erwähnten Antikoagulanzien eingesetzt werden, sofern keine Gründe gegen deren Anwendung vorliegen.
Wichtig ist, dass diese Präparate dabei konsequent eingenommen, das heißt nicht vergessen oder unbegründet in einer reduzierten Dosis eingenommen werden, da dies mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle einhergehen kann.
Quelle:
Universitätsklinikum Leipzig - Mitteilung vom 8. Mai 2025