Volkskrankheit trockenes Auge

Stammzellen und künstliche Tränendrüsen: Wie weit sind die neuen Therapie-Hoffnungen?

Menschen auf der ganzen Welt leiden unter trockenen Augen. Dennoch kann man bei dieser Augenerkrankung bislang in manchen Fällen nur die Symptome, nicht die Ursachen therapieren.

Abhilfe könnten Stammzellen schaffen

Direkt in das erkrankte Gewebe injiziert oder im Labor zu künstlichem Gewebe gezogen und transplantiert, ermöglichen sie eine dauerhafte Heilung. Wer von der Stammzellentherapie profitieren kann und welche weiteren Therapieansätze derzeit erforscht werden, erläuterten Experten

Ob durch Heizungsluft im Winter oder die vor allem seit der Corona-Pandemie vermehrte Bildschirmarbeit – viele Menschen leiden unter trockenen Augen und den dafür typischen Beschwerden wie Rötung, Kratzen oder Brennen und Veränderungen der Augenoberfläche.

Je nach Statistik sind bis zu 50 Prozent der Menschen betroffen. „Beim trockenen Auge handelt es sich um eine Benetzungsstörung der Augenoberfläche, die bei dieser Erkrankung nicht mehr durch eine ausreichend dicke Schicht Tränenflüssigkeit geschützt wird“, erklärt Professor Dr. med. Gerd Geerling, Mediensprecher der Stiftung Auge und Direktor der Universitäts-Augenklinik Düsseldorf.

Ursache sei meist eine verminderte Tränenmenge oder verstärkte Verdunstung des Tränenfilms, ausgelöst etwa durch trockene Raumluft. Internistische Erkrankungen wie Rheuma oder Immunreaktionen infolge einer Knochenmarktransplantation können besonders schwere Verläufe des trockenen Auges auslösen.

„Die Beschwerden können so stark ausfallen, dass sie Betroffene sogar in ihrer Sehfähigkeit einschränken,“ so der Augenarzt.

Stammzellen sind laut Hornhaut-Experte Geerling eine neue Therapiehoffnung für die Behandlung des trockenen Auges und bei schweren Erkrankungen der Augenoberfläche.

„Diese modernen Therapie-Ansätze bieten die Möglichkeit, dass Patientinnen und Patienten bei erfolgreicher Behandlung auf Dauermedikation wie künstliche Tränenersatzmittel, spezielle Kontaktlinsen und andere Formen der Benetzung verzichten könnten, die bisher standardmäßig zum Einsatz kommen“, sagt Geerling.

„Die Tränendrüse kann sich nach einer akuten Schädigung in gewissem Rahmen selbst regenerieren“, so der Experte.

So könnten Stammzellen aus der Tränendrüse oder anderen Spendergeweben körpereigene Reparaturmechanismen anregen und Entzündungsprozesse im Auge hemmen – ohne das Risiko einer Abstoßungsreaktionen.

In Dänemark konnte die Therapie erstmals erfolgreich an Patienten mit Sjörgen-Syndrom im Rahmen einer Studie erprobt werden. Nach der Stammzellinjektion in die Tränendrüse traten keine Nebenwirkungen auf, die körpereigene Tränenproduktion normalisierte sich und die Beschwerden der Studienteilnehmenden ließen nach.

In der Frage, ob es in absehbarer Zeit möglich werde, ganze Tränendrüsen im Labor herzustellen und Betroffenen zu transplantieren, ist Geerling abwartend.

„Die Herstellung von Tränendrüsenersatzgewebe im Labor ist äußerst komplex, da die Produktion von Tränenflüssigkeit auf dem Zusammenwirken verschiedener Zelltypen beruht,“ erklärt der Düsseldorfer Experte.

Heute sei es bereits möglich, kleine dreidimensionale Organoide herzustellen, die bei Stimulation sogar „weinen“. Bis solche Ansätze in einer anwendbaren Therapie münden, bedürfe es jedoch noch weiterer Forschungen.

Wer gern mehr erfahren möchte, schaut bitte direkt unter Stiftung Auge der DOG Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft - www.stiftung-auge.de