Lungenhochdruck – Herz in Gefahr

... mehr Aufmerksamkeit für pulmonal arterielle Hypertonie (PAH)

Die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) ist eine Unterform der pulmonalen Hypertonie (PH, Lungenhochdruck), bei der es zu einer krankhaften Druckerhöhung in den Lungengefäßen kommt.

Unbehandelt kann die PAH statistisch gesehen innerhalb von 2,8 Jahren zum Tod führen

Von einer PAH ist die Rede, wenn der pulmonal arterielle Mitteldruck vom Normalwert (< 20 mmHg) auf ≥ 25 mmHg in Ruhe steigt, gemessen im Rahmen einer Rechtsherzkatheteruntersuchung. Werte zwischen 21 und 24 mmHg gelten als grenzwertig. 

Wichtig für die Beurteilung des Schweregrades der Erkrankung, für die Therapie und für die Beurteilung des Fortschreitens der Erkrankung ist die funktionelle Einteilung in die WHO-Funktionsklassen (WHO-FC) I bis IV.  

  • WHO-FC I:  Es treten keine Beschwerden bei körperlichen Aktivitäten auf. 

  • WHO-FC II:  Normale körperliche Aktivität führt bereits zum Auftreten von  Belastungszeichen wie Kurzatmigkeit und Erschöpfung.    Brustschmerzen und Ohnmachtsanfälle können auftreten. Im Ruhezustand sind die Patienten beschwerdefrei.

  • WHO-FC III: Bereits geringe körperliche Aktivität führt zum Auftreten von Belastungszeichen wie Kurzatmigkeit und Erschöpfung. Brustschmerzen und Ohnmachtsanfälle können auftreten. Im Ruhezustand sind die Patienten beschwerdefrei.  

  • HO-FC IV: Luftnot und Schwächegefühl tauchen bereits im Ruhezustand auf und werden bei Belastung verstärkt. Betroffene können keinerlei körperliche Tätigkeiten ohne Beschwerden verrichten. 

Pathogenese der PAH
Die schwere chronische Erkrankung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Druck und der Widerstand in den Lungengefäßen fortschreitend erhöht. Im Verlauf der Krankheit kann das Herz immer schlechter pumpen und die Patienten werden in ihrer körperlichen Belastbarkeit, Lebensqualität und Lebenserwartung stark beeinträchtigt.

Auf zellulärer Ebene spiegelt sich dies in einem Ungleichgewicht zwischen gefäßerweiternden (Prostacyclin, Stickstoffmonoxid) und -verengenden Botenstoffen (Endothelin, Serotonin und Thromboxan) wider, wobei die gefäßverengende Wirkung überwiegt. 

>> Endothelin-1 hat eine Schlüsselrolle bei gefäßverengenden Effekten
Endothelin-1, ein körpereigenes Protein aus dem Endothel, ist einer der stärksten bekannten Gefäßverenger (=Vasokonstrikor mit 100-mal höherer gefäßverengender Stärke als Noradrenalin, 10-mal höherer als Angiotensin II; Yanagisawa M et al; Nature 1988;332(6163):411–415).

Bei PAH-Patienten finden sich erhöhte PlasmaKonzentrationen an Endothelin, die mit der Schwere der Erkrankung korrelieren.

Die schädlichen Endothelin-Wirkungen werden dabei über zwei verschiedene RezeptorSubtypen (ETA und ETB) vermittelt. 

>> Geringere Prostacyclinproduktion reduziert gefäßerweiternde Effekte 
Prostacyclin ist ein körpereigenes Gewebshormon, das hauptsächlich von Endothelzellen produziert wird. Über eine Aktivierung des Prostacyclin-Rezeptors (IPRezeptor) führt es zu einer Erweiterung der Gefäße. Bei PAH-Patienten ist die Prostacyclin-Produktion vermindert, so dass das Gleichgewicht zwischen gefäßerweiternden und gefäßverengenden Effekten zu Ungunsten der erweiternden Effekte gestört ist und die typischen PAH-Symptome entstehen. 

Symptome und Prognose  
In der Frühphase der Erkrankung sind zunehmende Luftnot, rasche Erschöpfung und verminderte Leistungsfähigkeit die ersten Anzeichen für das Vorliegen einer PAH. Für den Arzt ist es oft schwierig, aus diesen unspezifischen Beschwerden auf die Diagnose PAH zu schließen.

So vergehen im Mittel drei Jahre bis vom ersten Auftreten der Symptome die richtige Diagnose gestellt wird und mit einer effektiven Therapie begonnen werden kann. Dabei ist die Prognose schlecht: Unbehandelt liegt die mittlere Überlebenszeit nach Diagnosestellung in historischen Kontrollgruppen bei 2,8 Jahren [3]. Diese Überlebensrate ist vergleichbar mit der einiger maligner (bösartiger) Erkrankungen [4]. Dies bestätigt auch die Einstufung der PAH als „maligne Vaskulopathie“.

Diagnostik
Um die immer noch viel zu langen Diagnosezeiträume zu verkürzen und wertvolle Behandlungszeit zu gewinnen, ist es wichtig PAH-Risikopatienten früh zu identifizieren. Zukünftig dabei helfen könnten einfach zu bestimmende diagnostische Marker wie EKG, NT-proBNP (N-terminales pro brain natriuretic peptide), die arterielle Sauerstoffsättigung (SO2) und die WHO-Funktionsklasse [5]. 

Beim Symptom „Luftnot“ (Dyspnoe) ist neben häufigeren Ursachen auch die P(A)H auszuschließen.

Die Bestätigung der Diagnose „PH bzw. PAH“ muss durch eine Rechtsherzkatheteruntersuchung in einem auf PH spezialisierten Zentrum erfolgen.  

Risikoeinstufung Steht die Diagnose „PAH“ fest, wird im PH-Zentrum der mögliche Verlauf der Erkrankung eingeschätzt und daraufhin die für den Patienten passende Therapie geplant. Dazu wird jeder PAH-Patient in eine von drei Risikogruppen eingeordnet.

Die Risikostufen geben an, wie hoch das Risiko für den Patienten ist, innerhalb eines Jahres an der PAH zu sterben, wenn keine Behandlung erfolgt.

Entscheidend für den Patienten ist es, dass er eine Therapie erhält, die – mit Blick auf seine Lebensqualität und den weiteren Erkrankungsverlauf – dazu führt, dass er in den Niedrigrisikobereich eingestuft werden kann und damit „im grünen Bereich“ ist und bleibt.  

Therapie
Das aktuelle Therapie-Management der PAH basiert auf drei Hauptschritten: Zum einen bestehen diese aus allgemeinen Maßnahmen wie z. B. körperliche Aktivität unter fachkundiger Anleitung, Vermeidung von Schwangerschaft, Infektvorbeugung und psychosoziale Unterstützung.

Hinzu kommen oft supportive Maßnahmen wie der Einsatz von Tabletten zur Gerinnungshemmung, Entwässerungsmittel sowie Sauerstoffgabe.  Die spezifische Therapie bildet den dritten Teil des PAH-Managements.

Zur spezifischen Behandlung der PAH stehen heute eine Reihe Medikamente aus verschiedenen Wirkstoffgruppen zur Verfügung, die therapeutisch in die unterschiedlichen pathophysiologischen Signalwege (siehe „Pathogenese“) eingreifen. Dies ermöglicht eine Kombinationstherapie, die die unterschiedlichen PAH-Signalwege adressiert. 

In Deutschland zur Behandlung der PAH zugelassene Wirkstoffgruppen:

• Endothelin-Rezeptor-Antagonisten  
• Phosphodiesterase-5-Inhibitoren
• Stimulatoren der löslichen Guanylatzyklase
• Prostanoide
• IP-Rezeptor-Agonisten 

Um das Voranschreiten der Erkrankung wirksam zu verzögern, empfiehlt das Expertengremium der 2. Kölner Konsensus-Konferenz [8] zur nationalen Umsetzung der aktuellen P(A)H-Leitlinien [1] eine möglichst frühe Kombinationstherapie bei typischen PAH-Patienten. Das sind PAH-Patienten ohne nennenswerte Begleiterkrankungen, mit niedrigem oder mittlerem Risiko.   

Auch wenn die Erkrankung derzeit noch nicht heilbar ist, konnte die Prognose der Patienten in den letzten Jahren jedoch wesentlich verbessert werden: durch ein zielgerichtetes Behandlungsmanagement mit PAH-Medikamenten, die ihre Wirksamkeit langfristig anhand robuster klinischer Endpunkte wie Morbidität und Mortalität bewiesen haben, sowie regelmäßigen Therapiekontrollen und Therapieeskalation bei Nichterreichen der Therapieziele.  

Quelle:
CGC-PR

Referenzen
[1] Galiè et al. Eur Heart J. 2016 Jan 1;37(1):67-119 [2] Simonneau et al. J Am Coll Cardiol 2004; 43(Suppl 1):5-12 [3] D‘Alonzo GE et al. Ann Intern Med 1991; 115:343-349 [4] Kato H et al. Cancer 2001;92;2211-2219  [5] Kowacs G et al. PLOS one 2016; http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0168706  [6] Abidov A et al. New Engl J Med 2005;353:1889-1898   [7] Galiè N et al. Eur Heart J 2015;46(4):903-975 [8] Rosenkranz S et al. Dtsch Med Wochenschr 2016;141:1778-1782