Kreuzschmerz klug behandeln
Welche Therapie ist wann sinnvoll?
Fast jeder Mensch leidet mindestens einmal im Leben an Kreuzschmerzen.
Wie man diagnostisch vorgeht und wie man behandelt ist im Wesentlichen abhängig von der Schmerzursache. Maßgeblich hierfür sind zwei Leitlinien.
Die Nationale VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz wurde unter Beteiligung von Orthopäden und Unfallchirurgen überarbeitet und 2017 aktualisiert.
Neu erschien zur Ergänzung in 2018 die unter Federführung von Orthopäden und Unfallchirurgen erstellte Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz.
Am Anfang jeder Behandlung steht eine ausführliche Befragung und eine fachkundige körperliche Untersuchung.
„Wir überprüfen gezielt mögliche Warnzeichen, die auf eine abwendbare gefährliche Erkrankung als körperliche Ursache für den Schmerz hindeuten“, erklärt Professor Dr. med. Bernd Kladny, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Bei 85 bis 90 Prozent der Betroffenen lassen sich solche Warnzeichen nicht finden.
„Dann brauchen wir auch zunächst keine bildgebende Untersuchung wie Röntgen oder Magnetresonanztomografie“, erklärt Kladny.
Die beste Therapie bei nicht-spezifischen Schmerzen ist Bewegung.
Bei Bedarf kann der Patient Schmerzmittel oder Entzündungshemmer einnehmen, damit er sich wieder bewegen kann. „So verschwinden die meisten akuten nicht-spezifischen Kreuzschmerzen nach vier bis sechs Wochen auch wieder“, sagt Kladny.
Nach vier bis sechs Wochen leitliniengerechter Therapie soll bei anhaltenden
aktivitätseinschränkenden oder fortschreitenden Kreuzschmerzen überprüft werden, ob es nicht doch einer Bildgebung bedarf. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt bei der Erstuntersuchung den sicheren Verdacht hat, dass eine körperliche Ursache vorliegt.
In Ergänzung zur Nationalen VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz gibt die neue Leitlinie Spezifischer Kreuzschmerz Hinweise, wann eine organische Ursache in Betracht zu ziehen ist und welche Behandlungsoptionen sich ergeben.
Besonders geht die Leitlinie ein auf den Verschleiß der Wirbelbogengelenke, verschleißbedingte Erkrankungen der Bandscheibe, den Morbus Bechterew, Schmerzen durch den Kontakt der Dornfortsätze, einen zu engen Knochenkanal, Wirbelgleiten und Knochenunterbrechung, Störungen von Muskeln und Faszien und sogenannte „Blockierungen“.
Diese krankhaften Veränderungen können Schmerzen verursachen, müssen aber nicht.
„Wichtig ist immer, dass der Befund der Bildgebung zusammen mit Vorgeschichte, Symptomen und klinischem Befund des Patienten gewertet wird. Nur dann lässt sich Kreuzschmerz erklären, Bilder allein sagen wenig“, betont Kladny. Findet man Warnhinweise oder hat einen sicheren Anhalt für eine spezifische Erkrankung, dann bedarf es der fachkundigen Behandlung der zugrundeliegenden Ursache.
Die Behandlung muss nicht zwangsläufig eine Operation sein – im Gegenteil: Wenn keine Alarmsignale wie Lähmungserscheinungen, Blutvergiftungen oder fehlende Kontrolle über Darm und Blase auftreten, ist die konservative Therapie – mit Schmerz-, Bewegungs-, Physiotherapie und anderen Verfahren – der Standard.
Erst wenn die nicht-chirurgischen Verfahren keine Linderung bringen, können Arzt und Patient die Vor- und Nachteile einer Operation besprechen.
„Um Kreuzschmerzen effektiv zu behandeln, braucht es einen klar festgelegten stringenten Plan“, betont Professor Dr. Dr. med. Werner Siebert, einer der Kongresspräsidenten des DKOU 2018. Kreuzschmerzen sind auch ein Thema bei einer Pressekonferenz, die im Rahmen des DKOU 2018 stattfindet.
Die Nationale VersorgungsLeitlinie „Nicht-spezifischer Kreuzschmerz“ und die S2K-Leitlinie „Spezifischer Kreuzschmerz“ sind im Internet erhältlich.
https://www.leitlinien.de/nvl/kreuzschmerz
https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/033-051.html
Quelle:
Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie vom 19. September 2018