Begrenzte Mithaftung für Pflegeplatzkosten

Hohe Kosten der Heimunterbringung dürfen nicht ohne weiteres auf Angehörige oder ehrenamtliche Betreuer abgewälzt werden

Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken untersagt in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil Vereinbarungen, nach denen Angehörige oder Betreuer unbegrenzt für Kosten eines Pflegeplatzes einstehen sollen.

Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen einen Anbieter der Kurzzeitpflege.

Ob eine Mithaftung bei Pflegeverträgen überhaupt zulässig ist, muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden.

Pflegeeinrichtungen drängen immer wieder Angehörige oder ehrenamtliche Betreuer, sich an den Kosten für einen Pflegeplatz zu beteiligen, wenn der Bewohner selber nicht für die Kosten aufkommen kann.

Formulare für Schuldbeitrittserklärungen werden häufig in den Anlagen der ohnehin umfangreichen Heimverträge versteckt.

Ehepartner oder andere dem Bewohner nahe stehende Menschen unterschreiben die Erklärungen häufig ohne zu überblicken, welche Kosten tatsächlich auf sie zukommen können.

Wegen des hohen Eigenanteils in der Pflegeversicherung oder bei Schäden, die durch den Bewohner verursacht werden, kann es schnell um mehrere tausend Euro gehen.

Das Gericht hat klargestellt, dass derartige Vereinbarungen nicht unbegrenzt gelten.

Die Mithaftung darf demnach das Doppelte der in einem Monat anfallenden Entgelte nicht übersteigen. Formulare dürfen auch nicht zwischen anderen Anlagen zum Heimvertrag versteckt werden.

Damit folgt die Kammer in wesentlichen Punkten dem vzbv, der die Klage überwiegend gewonnen hat. „Betreiber von Pflegeeinrichtungen nutzen eine Zwangslage der Verbraucher aus. Es kann nicht sein, dass Angehörige und Ehrenamtliche in die Mithaftung für hohe Kosten einer Heimunterbringung gedrängt werden. Wir wollen ein generelles Ende dieser zweifelhaften Praxis erreichen.“, sagt Heiko Dünkel, Projektleiter Wohn- und Betreuungsverträge beim vzbv.

Nicht gefolgt sind die Richter allerdings der Auffassung, dass Schuldbeitritte beim Abschluss von Pflegeverträgen generell unzulässig sind.

So urteilten im vergangenen Jahr jedenfalls die Vorgängerinstanz und in einem weiteren Verfahren das Landgericht Mainz.

Das Pfälzische Oberlandesgericht hat für zwei damit verbundene Grundsatzfragen ausdrücklich die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Der vzbv wird nun das höchste deutsche Zivilgericht anrufen.

Projekte zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz
Der vzbv nimmt seit 2010 gemeinsam mit den Verbraucherzentralen die Vertragstexte von Pflegeanbietern unter die Lupe. Das seit Juni 2013 laufende Projekt „Höherer Verbraucherschutz nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz“ nimmt insbesondere neue Wohnformen und Einrichtungen der Behindertenhilfe in den Fokus. Die Maßnahmen werden gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).

Erwähnte Gerichtsentscheidungen:

  • Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken,
  • Urteil vom 23.07.2014, Az. 1 U 143/13, nicht rechtskräftig
  • Landgericht Kaiserslautern (Vorgängerinstanz),
  • Urteil vom 30.07.2013, Az. 2 O 252/12
  • Landgericht Mainz, rechtskräftig
  • Urteil vom 31.05.2013, Az. 4 O 113/12

Weitere Informationen erhalten Sie direkt bei der Verbraucherzentrale Bundesverband unter http://www.vzbv.de/13740.htm - dort können Sie auch die Urteile nachlesen bzw. downloaden