Den Schmerz ausschalten

... 4 Fragen zur Neuromodulation an die Experten

Per Knopfdruck gegen den Schmerz – was nach einem Szenario aus der Zukunft klingt, ist bei einigen Patienten mit chronischen Schmerzen bereits Realität.

Bei der sogenannten Neuromodulation bekommen Betroffene einen kleinen Impulsgeber implantiert, der die Schmerzen lindert und sich über ein kleines Programmiergerät steuern lässt.

Dr. Thorsten Riethmann, Neurochirurg, Leiter des Instituts für Neuromodulation, und Dr. Athanasios Koulousakis, Neurochirurg, Oberarzt im Institut für Neuromodulation sowie Kölner Kooperationsarzt des zum Klinikverbund St. Antonius und St. Josef gehörenden Petrus-Krankenhaus Wuppertal, beantworten die vier häufigsten Fragen zu dieser Form der Schmerztherapie:

Was ist ein Schmerzschrittmacher?

Dr. Riethmann: „Auch wenn meist nur von einem Schmerzschrittmacher die Rede ist, kommt bei der Neuromodulation ein mehrteiliges System zum Einsatz.

Es umfasst zunächst einen Neurostimulator. Dieser erzeugt elektrische Impulse und ist über dünne Kabel mit ein oder zwei Elektroden verbunden, die elektrische Impulse an die Nerven im Rückenmark abgeben.

Darüber hinaus gehört noch ein Programmiergerät dazu, mit dessen Hilfe Patienten die Stimulationsstärke regeln. Operierte können die Einstellungen in Abhängigkeit davon vornehmen, was sie gerade machen oder wie stark die Schmerzen ausfallen, die sie verspüren.“

Für wen kommt ein Schmerzschrittmacher infrage?

Dr. Koulousakis: „Viele Patienten mit chronischen Schmerzen, bei denen andere Therapien nicht geholfen haben, können dank Neuromodulation wieder ein erfülltes Leben führen.

Insbesondere Menschen mit chronischen Rückenbeschwerden, beispielsweise nach einer Operation an der Wirbelsäule – dem sogenannten Postnukleotomiesyndrom – oder aufgrund von Verschleiß, profitieren von der Methode.

Auch bei Betroffenen, die unter diabetischer Polyneuropathie, einer Erkrankung, die Nerven angreift, oder neuropathischen Schmerzen nach Verletzungen leiden, wirkt der Einsatz der Neuromodulation. Sie eignet sich aber ebenso für die Behandlung von nicht therapierbaren arteriellen Verschlusskrankheiten oder chronischen Leistenschmerzen.

Darüber hinaus kann diese Form der Therapie bei bestimmten Migränepatienten oder Gesichts- beziehungsweise Kopfschmerzen helfen. In diesen Fällen erfolgt die Implantation der Mikro-Elektroden direkt an den schmerzauslösenden Nerven oder dem sogenannten Okzipitalnerv im Hinterkopf.“

Welche Vorteile bringt das Verfahren im Gegensatz zu anderen Behandlungsmethoden?

Dr. Riethmann: „Oftmals nehmen Patienten mit chronischen Schmerzen über einen langen Zeitraum hinweg Medikamente gegen den Schmerz ein, um ihren Alltag zu meistern.

Doch diese verursachen oft starke Nebenwirkungen. Schmerzschrittmacher hingegen bekämpfen zwar nicht die Ursache des Leidens, aber effektiv die Symptome. Infolgedessen verbessert sich die Lebensqualität der Patienten enorm und sie erhalten ihre Mobilität zurück. Komplikationen treten nur sehr selten auf und die Krankenkassen übernehmen die Kosten in der Regel.“

Wie lange dauert der Eingriff und was passiert dabei?

Dr. Koulousakis: „Während des minimalinvasiven Eingriffs erfolgt die Implantation der Stimulationselektroden unmittelbar an der Wirbelsäule. Der Eingriff findet unter Lokalanästhesie statt, damit der behandelnde Arzt während der Operation mit dem Patienten kommunizieren kann, um so die richtige Lage der Elektroden sicherzustellen.

Im Anschluss daran werden sie mit einem kleinen Impulsgeber verbunden. Dieser gibt – vergleichbar mit einem Herzschrittmacher – schwache elektrische Impulse an das Rückenmark ab. Folglich ändert sich das Schmerzsignal, bevor es im Gehirn ankommt: Patienten verspüren anstelle der starken lähmenden Schmerzen nur noch ein sanftes Kribbeln.

Sollten sie dieses als unangenehm empfinden, lässt es sich beseitigen, indem die Stimulation auf Hochfrequenz umgestellt wird – eine Weiterentwicklung der Technologie zur Optimierung der Ergebnisse. In der Regel erfolgt eine mehrtägige Testphase.

Verläuft diese erfolgreich, bekommen Betroffene den Impulsgeber unter die Haut – meist am unteren Bauch oder im oberen Bereich des Gesäßes – implantiert.“

Weitere Informationen unter www.petrus-krankenhaus-wuppertal.de