Kopf-Hals-Tumore

Studie zeigt: Bis zu 21 Prozent höhere Überlebenschancen durch Behandlung in zertifizierten Zentren

twa 17.000 Deutsche erkranken jährlich an Kopf-Hals-Tumoren.

Wenn sich Betroffene in zertifizierten Zentren behandeln lassen, steigt ihre Überlebenschance massiv: Bei Kopf-Hals-Tumoren der Stadien I bis III sogar um 21 Prozent im Vergleich zu einer Behandlung in nicht-zertifizierten Einrichtungen. Das zeigt eine vom Innovationsfond des G-BA geförderte großangelegte Untersuchung, die unter anderem vom Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) der TU Dresden und von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT) für elf onkologische Erkrankungen aus rund einer Millionen Behandlungsfällen mit Patienten unterschiedlicher Krebserkrankungen durchgeführt wurde. [1] [2]

Die Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG) empfiehlt daher Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren, sich in zertifizierten Kliniken beraten und therapieren zu lassen. Hier behandeln fachübergreifende, erfahrene und spezialisierte Teams und ermöglichen Betroffenen eine optimale, direkt auf ihren Tumor zugeschnittene Behandlung aus Chemo- und Strahlentherapie.

„Bei einer Krebserkrankung ist eine frühe und sichere Diagnose sowie eine auf den Tumor optimal ausgerichtete Therapie ausschlaggebend für die Heilungs- und Überlebenschance“, erklärt Professor Dr. Dr. Torsten Reichert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Regensburg.

Dass dies in zertifizierten Kliniken besonders gut und effektiv gelingt, zeigt nun das vom G-BA geförderte Innovationsfond-Projekt

„Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren“ (WiZen). „Wie erwartet zeigte sich, dass die Behandlungsergebnisse mit der Spezialisierung steigen – das gilt auch für unseren Bereich der Kopf-Hals-Tumore“, resümiert Reichert das Studienergebnis.

„Interessant sind die Zahlen zur Überlebensrate: Die allgemeine Sterblichkeit bei Kopf-Hals-Krebs sinkt in zertifizierten Zentren um elf Prozent und bei Kopf-Hals-Tumoren der Tumorstadien I bis III sogar um 21 Prozent im Vergleich zu nicht-zertifizierten Einrichtungen. In diesen Tumorstadien besitzt die chirurgische Therapie einen besonders hohen Stellenwert.

Zu den häufigsten Risiken für Kopf-Hals-Tumoren gehören Rauchen, regelmäßiger hoher Alkoholkonsum, virale Infektionen durch das humane Papillomvirus (HPV) und der regelmäßige Umgang mit Schadstoffen wie Asbest oder chrom- und nickelhaltigen Farben und Lacken.

Ein Hinweis auf eine Krebserkrankung im Mund- und Halsbereich können Schwellungen, Verfärbungen, Geschwüre, Schluckbeschwerden oder eingeschränkte Beweglichkeit der Zunge sein.

„Eine geringere Rolle spielen UV- und radioaktive Strahlung, schlechte Mundhygiene, ein schwer geschwächtes Immunsystem und chronische Verletzungen der Schleimhaut“, ergänzt Reichert.

Therapeutisch hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Ein aktuelles Forschungsgebiet ist die Immunonkologie, bei der der Körper angeregt wird, mithilfe seines Immunsystems auf Tumorzellen zu reagieren. Sie verspricht relativ wenig Nebenwirkungen, eine besondere Wirksamkeit und ist nicht nur auf Lebensverlängerung, sondern auch auf mehr Lebensqualität ausgerichtet.

„In spezialisierten Zentren arbeiten Experten mit diesen und anderen aktuellen diagnostischen und therapeutischen Erkenntnissen und können ihre Patienten von den neuesten Entwicklungen profitieren lassen“, erklärt Reichert, der in Regensburg ein zertifiziertes onkologisches Kopf-Hals-Tumorzentrum leitet.

„Ein Kerninstrument dafür sind aktuelle wissenschaftliche Leitlinien, in denen erfolgsversprechende diagnostische und therapeutische Standards empfohlen werden“, führt Reichert aus. Er verweist auf die jüngst aktualisierte und unter Federführung der DGMKG erschienene S3-Leitlinie zum Mundhöhlenkarzinom.3

Die nun in der Studie sehr deutlich dargelegten Vorteile einer spezialisierten Krebsbehandlung sollten zur Diskussion anregen, ob nicht jeder Patient mit einem Kopf-Hals-Tumor in einem zertifizierten Zentrum versorgt werden sollte, so Reichert. „Es wäre außerdem fatal, wenn diese wertvollen Ergebnisse nicht in die weiteren Aktivitäten des Nationalen Krebsplans mit einfließen würden.“

Der DGMKG-Experte fordert in diesem Zusammenhang auch, dass dann die Vergütungssituation entsprechend angepasst werden müsse, denn noch seien spezialisierte und zertifizierte Zentren unterfinanziert.

Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e.V. (DGMKG)

Weitere Informationen / Quellen:
(1) Pressemitteilung der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zu WiZen: https://www.krebsgesellschaft.de/deutsche-krebsgesellschaft-wtrl/willkommen//wizen-projekt-bessere-ueberlebenschance-bei-krebsbehandlung-in-ze.html

(2)  Pressemitteilung der AOK: https://www.aok-bv.de/presse/pressemitteilungen/2022/index_25508.html 

3S3-Leitlinie Mundhöhlenkarzinom https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/mundhoehlenkarzinom/