Von der Sommerbewegung in den Winterschlaf – wie viel Sitzen verträgt der Mensch?

Warum zu wenig Aktivität dem Rücken schadet

Wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen sinken, ziehen sich viele Menschen automatisch mehr in ihre Wohnung zurück.

Während im Sommer Spaziergänge oder Radtouren ganz selbstverständlich zur Freizeitgestaltung gehören, dominieren in der dunklen Jahreszeit oft Sofa und Schreibtischstuhl.

Doch wie viel Sitzen verträgt unser Körper?

„Der menschliche Körper ist nicht fürs Dauersitzen gemacht“, erklärt Dr. Munther Sabarini, Neurochirurg und Gründer der Avicenna Klinik. „Unser Bewegungsapparat stammt aus einer Zeit, in der tägliche Bewegung überlebenswichtig war. Heute verbringen viele Menschen bis zu zehn Stunden pro Tag im Sitzen – mit spürbaren Folgen für die Rückengesundheit.“

Belastungsprobe für die Wirbelsäule

Im Sitzen lastet ein Großteil des Körpergewichts auf der Lendenwirbelsäule. Diese Region ist ein komplexes System aus fünf Wirbeln, zwischen denen Bandscheiben liegen, die wie Stoßdämpfer wirken und bei Bewegung gleichmäßig mit Nährstoffen versorgt werden.

„Wer über Stunden unbewegt sitzt, unterbricht diesen Versorgungsprozess“, so Dr. Sabarini. „Das kann langfristig zu Verspannungen, Bandscheibenproblemen und sogar chronischen Rückenschmerzen führen.“

Ein weiterer Faktor: Im Sitzen verkürzen sich Hüftbeuger und Oberschenkelmuskeln, während Bauch- und Rückenmuskeln ihre Haltearbeit einstellen.

„Es entsteht ein Ungleichgewicht, das die Wirbelsäule zusätzlich belastet. Das merken viele Betroffene erst, wenn sich Schmerzen oder Steifigkeit einstellen“, betont der Rückenexperte. 

Mini-Work-outs mit maximaler Wirkung

Schon kleine Veränderungen im Alltag können große Wirkung zeigen. Denn wichtig ist nicht, stundenlang Sport zu treiben, sondern regelmäßige Bewegungspausen einzubauen.

„Der Körper speichert keine einzelne Trainingseinheit ab, sondern das gesamte Bewegungsmuster eines Tages“, erklärt Dr. Sabarini.

Wer also regelmäßig kleine Impulse setzt, tut sich langfristig etwas Gutes.

„Schon das Wechseln zwischen Sitzen, Stehen und kleinen Bewegungen bringt den Stoffwechsel in Gang und entlastet Muskeln und Gelenke“, weiß Dr. Sabarini. Er empfiehlt, den Alltag kreativ zu nutzen: Zähneputzen im Einbeinstand, Treppen im Rückwärtsgang hochsteigen oder jedes Mal, wenn das Smartphone klingelt, drei tiefe Kniebeugen zu machen – diese Mini-Work-outs beanspruchen Muskeln, die im Sitzen oft völlig brachliegen. 

Auch im Büro oder im Homeoffice lässt sich viel bewegen: Telefonate im Stehen führen oder den Drucker bewusst weiter weg platzieren. So kommen über den Tag hinweg überraschend viele Meter zusammen – ganz ohne zusätzliches Zeitfenster für Sport.

Auch sogenannte „Mikrobewegungen“ haben einen positiven Effekt

Wippen mit den Füßen, Becken kreisen oder im Sitzen bewusst die Bauchmuskeln anspannen – all das fördert die Durchblutung und entlastet den Rücken.

Aktiv statt eingefrostet

Dr. Sabarini rät, die kalte Jahreszeit nicht als Bewegungsbremse, sondern als Chance zu sehen.

„Wer nicht raus will, kann neue Indoor-Routinen ausprobieren: Online-Tanzkurse, Hula-Hoop im Wohnzimmer oder spielerische Fitness-Apps, die sogar Kinder mitmachen wollen.“

Solche Aktivitäten steigern nicht nur die Beweglichkeit, sondern machen Spaß und motivieren, dranzubleiben.

Und wie viel Sitzen verträgt der Mensch nun?

„Sitzen ist per se nicht schädlich, aber der Körper braucht alle 30 Minuten einen Bewegungsreiz. Schon wenige Minuten reichen, um Muskeln zu aktivieren, den Kreislauf anzukurbeln und den Rücken zu entlasten“, fasst Dr. Sabarini zusammen. „Wer
es schafft, den Alltag aktiver zu gestalten, beugt nicht nur Rückenschmerzen vor, sondern fühlt sich insgesamt wohler.“

Weitere Informationen unter https://avicenna-klinik.com