Sommer der Begegnungen – für viele ein Albtraum
Wenn soziale Ängste den Alltag bestimmen
Der Sommer ist da – Parks füllen sich, Hochzeiten, Grillabende und Straßenfeste stehen an. Für viele ein Grund zur Freude. Doch was für die einen nach Geselligkeit und Leichtigkeit klingt, ist für andere eine Zeit der Belastung: Menschen mit sozialen Ängsten fühlen sich inmitten dieser scheinbar harmlosen Anlässe wie gelähmt.
„Eine soziale Angststörung ist mehr als bloße Schüchternheit. Betroffene verspüren intensive Furcht davor, im Mittelpunkt zu stehen, bewertet oder sogar abgelehnt zu werden“, erklärt Dr. med. Steffen Häfner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos. „Gerade in den Sommermonaten, wenn spontane Treffen und größere Veranstaltungen zunehmen, spitzt sich die Situation für viele zu.“
Mutprobe Small Talk
- Die Entscheidung, zur Geburtstagsparty zu gehen, bereitet Bauchschmerzen?
- Der Gedanke, auf der Hochzeit einer Kollegin vor fremden Menschen zu tanzen oder den ganzen Abend Small Talk zu führen, treibt den Schweiß auf die Stirn?
- Selbst scheinbar banale Situationen wie das Anrufen beim Pizzaservice oder das kurze Gespräch mit Nachbarn lassen den Puls höherschlagen?
Viele Interaktionen im Alltag sind für Menschen mit sozialen Ängsten enorme Belastungen.
Je nach Ausprägung kann es bei einer sozialen Angststörung neben Symptomen wie Herzrasen, Zittern und Erröten auch zu Panikattacken kommen.
„Betroffene vermeiden häufig Situationen mit solchem Stresspotenzial ganz. Oftmals entwickelt sich daraus ein Teufelskreis, denn die Vermeidung schützt kurzfristig, verstärkt aber langfristig die Furcht und führt zu Einsamkeit und sozialem Rückzug“, so Dr. Häfner.
Von Kritik und Ansprüchen gequält
Soziale Ängste entstehen meist schleichend. Häufig beginnen sie im Jugendalter und werden durch negative Erfahrungen wie Ausgrenzung, Mobbing oder überhöhte Leistungsanforderungen verstärkt.
Auch familiäre Prägungen spielen eine Rolle – etwa, wenn Eltern selbst sehr zurückhaltend sind und Konfliktvermeidung vorleben oder Betroffene als Kind übermäßige und stark bewertende Kritik am Verhalten erfahren haben.
„In unserer Gesellschaft herrscht ein hoher sozialer Erwartungsdruck. Die permanente Beurteilung über soziale Medien kann die Angst, nicht zu genügen, weiter anheizen“, ergänzt der Facharzt.
Raus aus dem Kopf, rein ins Leben
Damit sich das Leben mit Sozialphobie leichter bewältigen lässt, gibt es viele alltagstaugliche Möglichkeiten. Ein erster Schritt kann sein, sich kleine, erreichbare Ziele zu setzen.
Dr. Häfner erklärt: „Statt sich direkt auf eine große Veranstaltung zu wagen, kann es helfen, zunächst kurze Kontakte in überschaubarem Rahmen zu suchen – etwa ein Spaziergang mit einer vertrauten Person oder ein kurzer Besuch auf dem Wochenmarkt. Auch einfache Atemübungen und Achtsamkeitstechniken können unterstützen, den Körper in angespannten Momenten zu beruhigen.“
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Umgang mit den eigenen Gedanken. Denn soziale Ängste werden oft von negativen inneren Überzeugungen begleitet – wie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit zu blamieren oder etwas falsch zu machen.
„Diese aufkommenden Gedanken zu erkennen und zu hinterfragen, ist ein zentraler Teil der Bewältigung. Oftmals zeigt sich: Die kritische Stimme im Kopf ist viel lauter als die tatsächliche Bewertung durch andere“, betont Dr. Häfner.
Gemeinsam Ängste überwinden
Wenn soziale Ängste das Leben stark einschränken, ist psychotherapeutische Unterstützung ratsam.
„Als besonders wirksam hat sich die kognitive Verhaltenstherapie erwiesen. Dabei lernen Patienten, wie sie angstauslösende Gedanken ausmachen und anzweifeln und schrittweise neue Verhaltensweisen ausprobieren können“, erläutert der Facharzt.
Auch Gruppentherapien bieten Betroffenen einen geschützten Raum, soziale Situationen gemeinsam zu üben und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zurückzugewinnen. In schweren Fällen kann eine medikamentöse Unterstützung durch einen Psychiater helfen.
Dr. Häfner betont: „Niemand muss mit seiner Angst allein bleiben. Soziale Ängste sind behandelbar – der erste Schritt ist, darüber zu sprechen.“
Wer gern mehr erfahren möchte, findet weitere Informationen unter www.klinik-a-s-moos.de