Stille Gefahr im Bauch: Bauchspeicheldrüsenkrebs auf dem Vormarsch
DGVS fordert gezielte Präventionsstrategien und bessere Früherkennung für das Pankreaskarzinom
Bauchspeicheldrüsenkrebs zählt zu den tödlichsten Krebsarten. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt kontinuierlich – bis 2030 wird er voraussichtlich die zweithäufigste Krebstodesursache in Deutschland sein.
Ein Grund: Die Erkrankung verläuft lange ohne Symptome, bei der Diagnose ist der Tumor oft schon weit fortgeschritten.
Nur etwa 20 Prozent der Patientinnen und Patienten kommen überhaupt für eine Operation infrage – und selbst dann ist die Heilungschance gering.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS e.V.) fordert daher eine bessere Prävention und Früherkennung des Pankreaskarzinoms.
„Wir brauchen dringend neue Wege in der Früherkennung und Prävention des Pankreaskarzinoms“, betont Professor Dr. med. Patrick Michl, Ärztlicher Direktor der Klinik für Gastroenterologie am Universitätsklinikum Heidelberg, auf der Pressekonferenz der DGVS.
Denn typische Warnzeichen wie Gelbsucht, Gewichtsverlust oder Schmerzen treten meist erst spät auf.
Für die meisten Patientinnen und Patienten ist dann eine Heilung ausgeschlossen. Doch warum ist die Früherkennung so schwer?
„Vorstufen des Pankreaskarzinoms können nur mikroskopisch, also beispielsweise nach einer Probeentnahme aus dem Pankreas, erkannt werden. Die nicht-invasive Bildgebung beispielsweise mittels Ultraschalls, CT oder Kernspintomographie stößt hier an ihre Grenzen“, so Michl weiter.
Das sei einer der Gründe, warum es bisher keine ausreichenden Vorsorgeuntersuchungen mit nachgewiesenem Nutzen für die Allgemeinbevölkerung gebe.
Bekannte Risikofaktoren – und ihre Grenzen
Übergewicht, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum gelten als Risikofaktoren für das Pankreaskarzinom – doch ihre Aussagekraft ist begrenzt.
Auch Erkrankungen wie Diabetes mellitus, chronische Pankreatitis oder die Metabolismus-assoziierte Lebererkrankung erhöhen das Risiko. Für diese Gruppen sind jedoch bislang keine standardisierten Vorsorgeprogramme etabliert.
Die aktuelle Leitlinie der DGVS empfiehlt genetische Untersuchungen bei familiär vorbelasteten Menschen. Wer beispielsweise mehrere erstgradig Verwandte mit Pankreaskrebs hat oder aus einer Familie mit bekannten Genmutationen stammt, sollte sich untersuchen lassen. Für Personen mit bestimmten genetischen Risikoprofilen empfiehlt die DGVS jährliche MRT- oder Ultraschalluntersuchungen.
Große Lücken im Gesundheitssystem
„Bei vielen Patientinnen und Patienten mit scheinbar sporadischem Bauchspeicheldrüsenkrebs liegen womöglich unentdeckte genetische Veränderungen vor“, sagt Michl.
Würden diese identifiziert, könnten auch Verwandte gezielt untersucht und gegebenenfalls frühzeitig behandelt werden. Dafür braucht es jedoch eine gezielte genetische Testung – inklusive Finanzierung.
Um Betroffene frühzeitig zu erkennen, fordert Michl den Ausbau multizentrischer Registerstudien und eine stärkere Nutzung künstlicher Intelligenz, um individuelle Risikoprofile zu erstellen.
Besonders wichtig: die frühzeitige Identifikation von Risikopersonen, etwa mit neu diagnostiziertem Diabetes. Eine nationale Strategie – beispielsweise im Rahmen einer „Dekade der Prävention“ in Analogie zur „Dekade gegen Krebs“– sei nötig, um diese stille Gefahr wirksam zu bekämpfen.
Angesichts der rasant steigenden Ausgaben im Gesundheitswesen müsse der Fokus deutlich stärker auf die Verhütung und frühzeitige Erkennung von Krebserkrankungen gelegt werden.
Allein die Behandlungskosten für gastroenterologische Tumoren haben sich zwischen 2015 und 2020 um nahezu 50 Prozent erhöht – auf 6,7 Milliarden Euro.
„Prävention ist nicht nur medizinisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich deutlich günstiger als immer kostspieligere Therapien“, betont Professor Birgit Terjung, Mediensprecherin der DGVS aus Bonn. Das gelte für sämtliche Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts.
Hintergrundinformationen:
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet.
Heute vereint sie über 7000 in Klinik und Forschung tätige Ärztinnen und Ärzte unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs.
Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle der Patientinnen und Patienten.
Wer gern mehr erfahren möchte, schaut bitte direkt unter Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e.V. - www.dgvs.de