Aber Hallux! Warum Ballenzehen nicht nur optisch Probleme bereiten

Es beginnt mit Schmerzen nach längeren Fußmärschen.

Mit der Zeit treten sie immer schneller auf und dauern länger an. Der Großzehenballen beginnt in Schuhen regelrecht zu brennen und unter dem Fuß bildet sich eine Hornhautschwiele.

„Wer sich bei derartigen Symptomen wiedererkennt, leidet mit großer Wahrscheinlichkeit unter einem Hallux Valgus“, erklärt Dr. Theodor Patsalis, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Orthopädische Rheumatologie und spezielle orthopädische Chirurgie sowie Chefarzt der Klinik Gelenkchirurgie und Sporttraumatologie am Krankenhaus St. Josef, Klinikverbund St. Antonius und St. Josef GmbH.

Er erklärt, was im Fuß dabei passiert, warum Frauen häufiger betroffen sind als Männer und welche Maßnahmen helfen, wieder schmerzfrei durchs Leben zu gehen.

Wenn der Fuß sich spreizt

Einem Hallux Valgus geht häufig ein sogenannter Spreizfuß voraus. Bei diesem senkt sich der Mittelfußknochen ab.

„Stellt man sich den Fuß von vorne vor, sehen die Mittelfußknochen aus wie eine Bogenbrücke. Bei einem Spreizfuß entwickeln sie sich allerdings zur Hängebrücke, das Bindegewebe unter den Knochen dehnt sich dabei auseinander, die Gelenke senken sich ab“, verdeutlich Dr. Theodor Patsalis

Er führt fort: „Zum Hallux kommt es, wenn Beuge- und Strecksehne zusätzlich Zug auf die Zehenspitze ausüben. Folge: Das Großzehengrundgelenk zwischen Mittelfußknochen und Großzehe driftet nach außen weg und es entsteht der sichtbare Ballen.“

Die Fehlstellung führt zu Überbelastung und Entzündung von Schleimbeuteln und Weichteilen.

Unterhalb der sogenannten Metatarsalköpfchen entsteht vermehrt Druck, der sich in einer Hornhautschwiele unter dem Fuß zeigt. Die knöchernen Strukturen und Knorpel unterliegen einer schleichenden Arthrose, nutzen sich durch die Fehlbelastung ab und es kommt zu Verknöcherungen der Gelenke bis hin zu Unbeweglichkeit.

Die Hernie der Frauenwelt

Fälschlicherweise halten sich hartnäckig die Mythen, dass allein das Tragen hoher Absätze oder die Gene Ursache für einen Hallux Valgus darstellen.

Allerdings ist mittlerweile bekannt, dass auch eine Fehlstellung der Wirbelsäule oder des Beckens, verspannte Beinmuskeln oder zu starke und lange Belastung der Mittelfußgelenke bei der Entwicklung mit hineinspielen.

Die Stärke des Bindegewebes spielt hier eine wichtige Rolle.

Ist es in der Herrenwelt bekannt, dass eine gewisse Bindegewebsschwäche in der Leistenregion besteht, wodurch sie oft unter Hernien leiden, lässt sich durch die Häufigkeit der Fälle bei Frauen durchaus annehmen, dass das Bindegewebe am Fuß am schwächsten ist.

Frauen sind fast viermal häufiger von einem Hallux Valgus betroffen als Männer.

Und hier kommen auch die hohen Absätze wieder ins Spiel.

Denn ist das Bindegewebe schwach, wirkt das gesamte Körpergewicht punktuell auf diesen Bereich des Fußes – die Fehlstellung wird schlimmer. Im Umkehrschluss tut die Stelle unter dem Fuß besonders beim Tragen von Absatzschuhen weh.

„Mit der Zeit können Frauen solche Schuhe noch nicht einmal mehr über einen kurzen Zeitraum ohne brennende oder stechende Schmerzen tragen“, so der Facharzt.

Schmerzen reduzieren, Ursache abstellen

Ein wichtiges Kriterium zur Behandlung eines Hallux Valgus ist zunächst, die Symptome zu reduzieren.

„Fußmassagen, Zehenspreizer, Einlagen sowie das Tragen passenden Schuhwerkes mit einem hochwertigen Fußbett sind essenziell. Passen muss der Schuh dabei nicht nur in der Größe, sondern in einem solchen Fall auch in der Breite und er sollte beim Gehen eine gewisse Elastizität beim Auftreten erlauben, um sich der natürlichen Fußbewegung anzupassen“, sagt Dr. Patsalis.

Doch das allein reicht nicht, um ein Fortschreiten der Deformierung zu verlangsamen oder in einem fortgeschrittenen Stadium zu reduzieren. Ein Hallux Valgus ist allgemein irreversibel. Bis zu einer Abweichung der Zehe bis 12 Grad können Maßnahmen wie Mobilisierung, Ausrichtung, Stabilisierung oder Entspannung von Becken, Hüfte, Wirbelsäule oder Muskulatur helfen. Ist die Verschiebung allerdings schon weiter fortgeschritten, hilft nur ein operativer Eingriff.

Operative Positionskorrektur

„Mittlerweile arbeiten wir auch an dieser Stelle sehr patientenschonend und minimalinvasiv“, erklärt Dr. Theodor Patsalis. Dabei gibt es unterschiedliche Operationstechniken, die bekanntesten sind für leichte Fälle die nach Austin, die Scarf-Osteotomie bei mittleren Abweichungen und die Lapidus-Arthrodese bei schweren Verläufen.

Patsalis verdeutlicht: „Ich wähle je nach Intermetatarsalwinkel und Art der Verschiebung ganz individuell die optimalste Variante aus, um sowohl optisch als auch funktional den passenden Weg für meine Patienten und Patientinnen zu gehen.“ Alle Varianten haben jedoch gemein, dass die Korrektur mittels eines Knochenschnittes und anschließender Positionskorrektur erfolgt, die mit Schrauben oder kleinen Platten fixiert wird.

Weitere Informationen unter www.krankenhaus-st-josef-wuppertal.de