Aminosäure fördert Rückbildung von Darmentzündungen

Ein Mangel an der Aminosäure L-Arginin im Darm führt zur verstärkten Entzündung der Darmschleimhaut.

Zu dieser Erkenntnis kam eine Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jochen Mattner, Professor für Molekulare Mikrobiologie und Infektionsimmunologie am Institut für Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Gemeinsam mit weiteren Kliniken und Instituten in Erlangen und Regensburg untersuchten die Forscher, wie die Verfügbarkeit einzelner Zwischenprodukte des Stoffwechsels im Darm Entzündungsreaktionen beeinflusst.

L-Arginin könnte demnach eine wichtige Rolle bei der Entstehung und beim Verlauf, aber auch bei der Therapie der zwei häufigsten entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa spielen.

Ein menschlicher Darm enthält bis zu zehn Mal mehr Bakterien als ein ganzer menschlicher Körper Zellen.

Die Wechselwirkung dieser Bakterien – der so genannten intestinalen Mikrobiota – mit körpereigenen Zellen im Darm ist bedeutend für Verdauung und Stoffwechsel, für die Darmdurchblutung, die Durchlässigkeit der Gefäße, aber auch für die Kontrolle von Entzündungen.

Veränderungen im Zusammenspiel der Mikrobiota mit der oberen Schicht der Darmwand – dem Darmepithel –, den Zellen an den Gefäßinnenwänden und den verschiedenen Immunzellen in der Darmwand beeinträchtigen unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit.

Bei den beiden häufigsten entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist diese Wechselwirkung empfindlich gestört. Das führt unter anderem zu einem veränderten Eiweiß-Stoffwechsel des menschlichen Organismus, aber auch zur Veränderung der intestinalen Mikrobiota.

Eine besondere Rolle für die Darmgesundheit spielt, so die aktuelle Erkenntnis, die Aminosäure L-Arginin.

Sie ist in Nahrungsmitteln wie auch in unserem Körper weit verbreitet und an zahlreichen biologischen Funktionen beteiligt.

So dient sie als gemeinsamer Ausgangsstoff für die beiden Enzyme Arginase 1 (Arg1) und induzierbare Stickstoffmonoxidsynthase (NOS2), die unter anderem Immunantworten entscheidend und oft gegensätzlich zueinander beeinflussen.

Zugleich gilt L-Arginin als Quelle für weitere Stoffwechselverbindungen, wie zum Beispiel die so genannten Polyamine, die das Zellwachstum fördern.

Schließlich ist die Aminosäure ein zentrales Zwischenprodukt des Harnstoffzyklus, der für die Entgiftung des Körpers sorgt.

Der Verbrauch von L-Arginin durch Arginase oder Stickstoffmonoxidsynthase, das ergab die Untersuchung von Prof. Mattner und seinem Team, verändert die Zusammensetzung der Mikrobiota entscheidend und ist schädlich für den Verlauf von Darmentzündungen: Der L-Arginin-Mangel führte zu einer verstärkten Entzündung der Darmschleimhaut, was mit einer vermehrten Ansammlung von Entzündungszellen und einer Zunahme der Anzahl an Blutgefäßen in der Darmwand einherging.

Umgekehrt wirkte sich die Aufnahme einer L-Arginin-reichen Diät oder die gentechnologische Elimination L-Arginin-verbrauchender Enzyme (Arg1, NOS2) günstig auf die Vielfalt und Reichhaltigkeit der Mikrobiota aus und beschleunigte die Rückbildung einer Darmentzündung.

Mittels verschiedener chemischer, molekularbiologischer, genetischer und immunologischer Analysemethoden zeigten die Forscherinnen und Forscher, dass Darmbakterien bei höheren Konzentrationen von L-Arginin im Darmlumen verstärkt Polyamine bilden; diese wiederum aktivieren Gene, die Darmepithel und Blutgefäße schützen und so den Verlauf der Erkrankung eindämmen.

Da L-Arginin-verbrauchende Enzyme auch in der Darmschleimhaut von Patientinnen und Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sich verstärkt nachweisen lassen, könnte die Nahrungsmittelergänzung mit L-Arginin eine neue, vielversprechende Variante zur Therapie dieser verheerenden Erkrankungen darstellen.

Gefördert wurde die Studie der Forschergruppe unter anderem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des FAU Sonderforschungsbereichs 1181 („Schaltstellen zur Auflösung von Entzündung“).Informationen zum SFB finden sich unter www.sfb1181.forschung.fau.de

Quelle:
Mitteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vom 25. September 2020

Originalpublikation:
https://www.jci.org/articles/view/126923