Obst und Gemüse gegen Demenz?

Nahrungsergänzungsmittel aus der Natur kennen wir inzwischen viele – besonders häufig handelt es sich dabei um sogenannte Polyphenole.

Dazu gehören beispielsweise pflanzliche Farbstoffe wie die Anthocyane, die Heidelbeeren blau färben, Geschmacksstoffe wie die Vanillinsäure oder auch Gerbstoffe wie die Tannine, die einem bei herbem Wein den Mund kräuseln lassen. Manche dieser Substanzen wirken auch auf unser Nervensystem ein – als Antioxidantien, Entzündungshemmer oder anderweitig nervenschützend.

Solche Wirkstoffe gelten auch als mögliche Hilfen zum gesunden geistigen Altern: der Abbau der Denkleistung und zunehmende Störungen der Bewegungskontrolle sollen merklich mit solchen Zutaten verzögert werden. Wie Polyphenole solche Effekte erzielen, ist aber noch weitgehend unklar.

Eine Theorie besagt, dass diese Substanzen das SIRT1-Gen aktivieren – von SIRT1 wurde auch hier bereits berichtet – Resveratrol kann dieses System anschalten und sowohl bei Depressionen (https://www.deutschesgesundheitsportal.de/wp-admin/post.php?post=24683&action=edit) als auch bei der Alzheimererkrankung (https://www.deutschesgesundheitsportal.de/wp-admin/post.php?post=25677&action=edit) nützlich werden.

Wirken aber auch andere Pflanzenstoffe auf diesem Weg auf die Gehirngesundheit im Alter ein?

In einer neuen Studie nun untersuchte der Neurophysiologe Dr. Moranta von der Universidad de las Islas Baleares in Spanien männliche Ratten im fortgeschrittenen Alter von 18 Monaten, die er mit seinem Team mit verschiedenen Wundermitteln der Natur behandelte.

Zentrale Frage war dabei, wie sich diese Behandlung auf die Denkleistung, Bewegungskoordination und die Gehirngesundheit auswirkte.

Dazu erhielten die Tiere über 4 Wochen täglich eine Mischung von Polyphenolen (Silymarin, Quercetin und Naringenin) in einer Dosierung von 20 mg/kg. Silymarin wird aus der Milchdistel gewonnen und zählt als wichtiges Leberschutzmittel bei der Hepatitisbehandlung oder speziellen Pilzvergiftungen.

  • Quercetin liegt in vielen Pflanzen vor – unter anderem in roten Zwiebeln, Dill und Kapern.

  • Naringenin kann in größeren Mengen aus der Pampelmuse, aber auch aus Tomatenmark aufgenommen werden.

Die Forscher untersuchten neben den Verhaltensveränderungen der behandelten Tiere auch, ob die Substanzen die Produktion von Gehirnbotenstoffen angeregt hatten, die bei der Alterung allmählich zur Mangelware werden.

Dies konnten sie anhand der Menge zweier Enzyme messen:

  • eines baut die Ausgangssubstanz Tryptophan zu den Gehirnbotenstoffen Serotonin (dem Glückshormon) und Melatonin (dem Tag-Nacht-Hormon) um,

  • das andere stellt aus Tyrosin den Botenstoff Dopamin her, der besonders bei der Parkinsonerkrankung fehlt, sowie das Noradrenalin, das unter anderem bei der Blutdruckkontrolle wesentlich ist.

Diese Bauaktivitäten in unserem Körper sowie viele weitere stehen vermutlich unter der Kontrolle des SIRT1-Gens – das aber auch in weitere Körpersystem weitreichend eingreift. Auch die Aktivität dieses Kontrollzentrums und wie sie sich mit den Pflanzenstoffen änderte untersuchten die Forscher daher genauer.

Spannend für Obst- und Gemüseliebhaber, die ja reichlich Polyphenole mit ihrer Nahrung aufnehmen: die Pflanzenwirkstoffe zeigten tatsächlich Wirkung.

Die behandelten Tiere verbesserten sowohl ihre Denkleistung als auch ihre Bewegungskoordination. Diese Verbesserungen stimmten auch mit den Veränderungen in der Produktion von Gehirnbotenstoffen überein. Die Polyphenole linderten messbar einige der altersabhängigen Defizite: die Tiere produzierten mehr der Botenstoffe Serotonin, Noradrenalin und Dopamin als vor der Behandlung.

Dies zeigte sich deutlich in erhöhten Mengen der Enzyme, die wesentlich an der Herstellung dieser Botenstoffe beteiligt sind. Aber auch das Kontrollzentrum SIRT1 wurde nachhaltig durch die Behandlung aktiviert, wie die Wissenschaftler fanden. Dies war besonders im Lernzentrum des Gehirns, dem Hippocampus, auffällig.

Auch Anzeichen für entzündliche Prozesse, gemessen mit der Menge eines Schlüsselelements der Immunregulation NF-?B (kurz für das englische nuclear factor kappa-light-chain-enhancer of activated B cells), nahmen deutlich ab. Die zusätzliche Aufnahme der drei pflanzlichen Wirkstoffe Silymarin, Quercetin und Naringenin konnte also den Gehirnstoffwechsel vielseitig beeinflussen, sodass es sogar Wirkung im Verhalten und der Denkleistung der alternden Tiere zeigte.

Damit stützt diese noch frühe Studie die Hoffnung, mit pflanzlichen Wirkstoffen therapeutisch auf die entzündlichen Prozesse einzuwirken, die dem geistigen Abbau im Alter zugrunde zu liegen scheinen.

Das sogenannte inflamm-aging, übersetzt etwa ‚Entzünd-Altern‘, wird immer weitgreifender als wesentliche Ursache vieler Alterserscheinungen betrachtet. Substanzen, die auf natürliche Weise diesen entzündlichen Prozessen und den nachfolgenden alterstypischen Symptomen entgegenwirken, sind vielversprechende Resultate dieser Forschungsrichtung.

Klinische Studien zu der Wirkung solcher Substanzen als Nahrungsergänzung werden sicherlich bald auch mit Fokus auf das geistige Altern folgen. Bis dahin gilt weiterhin die Devise: vielseitige und bunte Ernährung ist ein wertvoller Beitrag zur geistigen Gesundheit, gerade auch im fortgeschrittenen Alter.

Quelle:
DeutschesGesundheitsPortal

Original Titel:
Chronic Silymarin, Quercetin and Naringenin Treatments Increase Monoamines Synthesis and Hippocampal Sirt1 Levels Improving Cognition in Aged Rats

Zum originalen Volltext-Artikel - http://link.springer.com/10.1007/s11481-017-9759-0

Referenzen:
Sarubbo F, Ramis MR, Kienzer C, et al. Chronic Silymarin, Quercetin and Naringenin Treatments Increase Monoamines Synthesis and Hippocampal Sirt1 Levels Improving Cognition in Aged Rats. J Neuroimmune Pharmacol (2018) 13: 24. https://doi.org/10.1007/s11481-017-9759-0