Gekündigt wegen Krankheit? Wehren Sie sich!
Rechtsexperte gibt Tipps bei krankheitsbedingter Kündigung
Die Zahl der Fehltage durch Krankheit nimmt seit Mitte der Neunziger Jahre kontinuierlich zu. Allein durch psychische Leiden, wie Burnout oder Depression, fehlte 2014 jeder Arbeitnehmer im Schnitt 4,8 Tage. 1997 waren es noch 1,6. Das ergab eine Studie der DAK unter ihren Versicherten. Ähnlich stark nimmt die Zahl der krankheitsbedingten Kündigungen zu.
Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitnehmern wegen längerer Fehlzeiten gekündigt wird. Aber oft steht die Kündigung auf wackeliger Grundlage. Der Münsteraner Rechtsanwalt und Experte für Arbeitsrecht Markus Zöller rät: „In vielen Fällen lohnt sich eine Klage.“
Krankheit allein ist kein Kündigungsgrund.
Aber die damit oft einhergehenden Arbeitsunfähigkeit und Fehlzeiten können eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach sich ziehen, die grundsätzlich zwar rechtmäßig sein kann. Ob das jedoch der Fall ist, hängt von mehreren individuellen Faktoren ab. Das deutsche Arbeitnehmerschutzgesetz schiebt einige schwere Riegel vor den voreiligen Rauswurf.
Es müssen drei Bedingungen erfüllt sein, bevor dem kranken Arbeitnehmer gekündigt werden darf: Erstens muss eine Negativprognose vorliegen. Das heißt, dass in der nächsten Zeit, im Allgemeinen die nächsten zwei Jahre, keine Genesung zu erwarten ist.
„Das kann zum Beispiel bei Alkoholsucht oder chronischen Erkrankungen der Fall sein. Wer vor Gericht in der Beweispflicht steht, kann stark je nach Fall variieren“, erklärt Rechtsanwalt Markus Zöller.
Zweitens muss durch den dauerhaften Ausfall des Mitarbeiters ein erheblicher Schaden am Betrieb nachgewiesen werden können, wie ständiges Anlernen von Vertretungen oder teure Überstundenzuschläge für die Kollegen.
Außerdem muss der Arbeitgeber alle betroffenen Interessen bei seiner Entscheidungsfindung abwägen. Der Arbeitgeber darf sich bei der Kündigung nicht alleine nach wirtschaftlichen Interessen richten, sondern er muss die individuellen Lebensumstände des dauerkranken Arbeitnehmers berücksichtigen, wie Familienstand, Alter, eventuelle Unterhaltslasten.
Das gilt für langandauernde Krankzeiten, wie für häufige Kurzerkrankungen und die Minderung der Arbeitskraft durch Krankheit, obwohl der Arbeitnehmer grundsätzlich arbeitsfähig ist.
Diese Bedingungen sind natürlich bei jedem Einzelfall unterschiedlich – Eine Klage lohnt sich fast immer. Nur selten ist eine Kündigung wegen Krankheit rechtlich in Ordnung.
„Wenn sie nach zwei Wochen Krankheit nichtsahnend den Briefkasten öffnen und darin das Kündigungsschreiben finden, dann sollten Sie klagen. Das rechtmäßige Kündigungsverfahren kann nicht hinter dem Rücken des kranken Arbeitnehmers durchgeführt werden“, erklärt Zöller.
Vor der Kündigung muss der Arbeitgeber Gespräche und ein Wiedereingliederungsverfahren angeboten haben. Diese Maßnahme ist nach langer Krankheit zwar nicht Pflicht, aber wenn stattdessen gekündigt wird, wird das Gericht nach den Wiedereingliederungsmaßnahmen fragen.
Feiert der Arbeitnehmer gerne montags und freitags krank, sieht die Sache aber anders aus. Hier kann der Arbeitgeber die Kündigung verhaltensbedingt begründen.
Oft steht die Krankheit in Zusammenhang mit den Bedingungen, die am Arbeitsplatz herrschen.
Rückenprobleme resultieren in vielen Fällen aus der ständigen Sitzposition vor dem PC oder am Fließband, so wie Burnout oder Depressionen mit einem zu hohen oder unangemessenen Workload und dem Sozialverhalten der Kollegen zusammenhängen können.
Dass der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht vernachlässigt hat, ist allerdings schwer vor Gericht nachzuweisen. Besser ist es, vorzubeugen. Für eine erfolgreiche Klage muss das aber keinen Unterschied machen.
Ein Grund, weshalb Betroffene oft vor der Klage zurückschrecken, ist die Kostenfrage. Wer gerade seinen Job verloren hat, kann es sich nicht leisten auch noch für viel Geld vor Gericht zu ziehen, ist da die Begründung. In Deutschland sind Rechtsanwaltshonorare gesetzlich festgelegt. Meistens richten sie sich nach dem Streitwert, um den es geht. Im Fall einer Kündigungsklage ist das das dreifache Bruttomonatsgehalt des Arbeitnehmers.
In vielen Fällen gibt eine bestehende Rechtsschutzversicherung Deckung für die Prozesskosten, oder der betroffene Arbeitnehmer hat Anspruch auf staatliche Prozesskostenhilfe. Diese ist vom Rechtsanwalt beim zuständigen Arbeitsgericht zu beantragen.
Über Rechtsanwalt Markus Zöller
Markus Zöller, LL.M., ist Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und überdies Diplom-Pädagoge.
Seit seiner Niederlassung als Rechtsanwalt führt er als Gründer die Kanzlei in der Innenstadt – Rechtsanwalt Zöller auf der Salzstraße 46 in Münster.
Die Kanzlei hat sich auf mehrere Fachgebiete spezialisiert, darunter Arbeits-, Wettbewerbs- und Verkehrsrecht.
Außerdem arbeitet die Kanzlei in den Bereichen Medizin-, Familien-, und Erbrecht.
Die Homepage ist unter www.kanzleizoeller.de zu erreichen.