Erfolgreiche Unternehmensführung durch flache Hierarchien?

Chancen und Risiken flacher Hierarchien und lockerer Büroetikette

Immer mehr Chefs großer Unternehmen lassen die Krawatte bei öffentlichen Auftritten zu Hause, zeigen sich bei Businessmeetings mit Turnschuhen und lassen sich von ihren Mitarbeitern duzen. Mit diesem Auftreten wollen Firmenchefs zeigen, wie modern und innovativ ihre Unternehmen sind, um so attraktiver auf junge qualifizierte Arbeitnehmer zu wirken. Das Auftreten der Führungskräfte besitzt Symbolcharakter für die Entwicklung weg von starren Führungs- und Leitungsebenen hin zu flachen Hierarchien und lockerer Büroetikette.

Als flach gelten Hierarchien, wenn es eine vereinfachte Unternehmensstruktur durch weniger Führungsebenen gibt. Das bedeutet, die Geschäftsführung setzt die Ziele fest und kommuniziert diese nach unten zu den Mitarbeitern. „Das weisungsbefugte Mittelmanagement fällt hier in der Regel weg. So bekommen Angestellte zwar Zielvorgaben, können jedoch selbst entscheiden, auf welche Art und Weise sie diese erreichen. Theoretisch klingt das vielversprechend und erstrebenswert, aber in der praktischen Umsetzung lauern einige Tücken“, weiß Jürgen Höller, Europas führender Erfolgs- und Motivations-Experte, selbst erfolgreicher Unternehmer.

Motivierte Mitarbeiter dank familiärer Atmosphäre?
Die Start-ups machen es vor und viele andere Unternehmen ziehen nach – flache Hierarchien werden momentan als Geheimrezept für die Führung eines erfolgreichen Unternehmens betrachtet. Große Konzerne gelten schon länger als unflexibel und träge, da die Umsetzung von Veränderungen und das Treffen wichtiger Entscheidungen viel Zeit benötigen. Der Wegfall von Führungsebenen soll hier ein flexibleres Reagieren und Arbeiten ermöglichen. Zudem erhoffen sich Chefs davon glückliche Werktätige, denn nur zufriedene Arbeitnehmer haben die Motivation, viel für ihren Arbeitgeber zu leisten. Die Entwicklung weg von steilen Hierarchien schafft eine familiäre Atmosphäre. Ziel ist es, so einen festen Zusammenhalt zwischen den Angestellten zu schaffen und Neid sowie Missgunst zu vermeiden.

„Dank flacher Hierarchien erhalten Mitarbeiter automatisch mehr Verantwortung. Dadurch fühlt sich jeder ernst genommen. Wer das Gefühl hat, dass die eigene Meinung Gewicht hat, gibt sich automatisch mehr Mühe. Arbeitnehmer betrachten dann einen Unternehmenserfolg, wie einen gewonnenen Pitch oder den gestiegenen Jahresumsatz, auch als persönlichen Erfolg“, erklärt Jürgen Höller, dessen Unternehmen jüngst als 495. der am schnellsten wachsenden Unternehmen in ganz Europa von der Financial Times ausgezeichnet wurde.

Der Wegfall steiler Hierarchien fördert außerdem die Kreativität der Mitarbeiter, da sie zwar ein Ziel vorgegeben bekommen, den Weg dorthin jedoch selbstständig wählen dürfen. Auch für Führungskräfte können sich die neuen Strukturen als positiv erweisen. Da die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt wird, spüren sie eine Entlastung. Damit dies auch wirklich funktioniert, muss zuvor jedoch immer geklärt sein, wer in oberster Instanz die Verantwortung trägt.

Es ist nicht alles Gold, was glänzt
Auch wenn flache Hierarchien auf den ersten Blick sehr verlockend erscheinen, können sie Probleme bedeuten. Mehr Freiheit für einfache Mitarbeiter bedeutet, dass das Personal im Mittelmanagement, sofern noch vorhanden, mit mehr Einschränkungen zu kämpfen hat, da es keine direkten Anweisungen mehr geben darf. Statt Kontrolle und Fachwissen rücken Kommunikation und Organisation in den Fokus. Manager der mittleren Unternehmensebene bilden so den Puffer zwischen der Führungsetage und den Fachkräften. Dies stellt eine neue berufliche Herausforderung dar, da Druck und Stress ohne Weisungsbefugnisse und Handlungsspielraum steigen. Zudem müssen viele um ihren Job bangen, da mit der Einführung von flachen Hierarchien der Bedarf an Managern auf der mittleren Unternehmensebene sinkt.

Aber auch für einfache Mitarbeiter bergen flache Hierarchien mehr Risiken als zunächst angenommen. Ist die Verantwortung beispielsweise nicht klar verteilt, steigen informelle Erwartungen. So besteht die Gefahr, dass Mitarbeiter der untersten Ebene bei Nichterreichen von Zielen verantwortlich gemacht werden – ganz gleich, ob die Zielsetzung letztendlich realistisch war oder nicht. Demotivierend wirkt es auch, wenn Arbeitnehmer im Endeffekt doch nicht so viel Gestaltungsfreiheit haben wie angenommen oder sie merken, dass der Chef sie nicht ernst nimmt. Als nachteilig erweist sich diese Struktur auch, wenn Unternehmen gute Mitarbeiter verlieren, weil sie diese nicht befördern können, da die entsprechende Hierarchieebene einfach nicht existiert.

„Um Angestellte nicht zu enttäuschen und zu demotivieren, sollten Chefs vermeiden, dass von möglichen Boni nur die Führungsebene profitiert. Noch einen weiteren Nachteil hat der Verzicht auf offizielle Büroetikette: Früher kam man nach Hause, wechselte die Kleidung und legte so auch mental die Arbeit ab. Heute fällt die Trennung von Arbeit und Freizeit immer schwerer“, so Jürgen Höller abschließend.
 
Weitere Informationen unter www.juergenhoeller.com