Daumenlutschen und Nägelkauen gut gegen Allergien?

Daumenlutschen und Nägelkauen gelten nicht gerade als vorbildlich und erstrebenswert.

Doch beides kann das Risiko senken, Allergien zu entwickeln, wie eine Studie aus Neuseeland zeigt.  

Die Studie untersuchte 1.037 Teilnehmer, die zwischen 1972 und 1973 in Dunedin, Neuseeland, zur Welt kamen. Bei denjenigen, die in jungen Jahren am Daumen lutschten oder an ihren Nägel kauten, konnten die Forscher seltener eine besondere Empfindlichkeit (Sensibilisierung) gegen Allergene nachweisen, auch noch im Erwachsenenalter. Die geringste Neigung zu Allergien bestand, wenn beides kombiniert wurde.  

Ab dem ersten Lebensjahr kaute etwa jedes dritte Kind der Studienteilnehmer regelmäßig an den Fingernägeln oder lutschte am Daumen. Prof. Bob Hancox, Stephanie J. Lynch und Kollegen von der Universität von Otago, Neuseeland, hatten hierzu die Eltern viermal befragt, als die Kinder fünf, sieben, neun und elf Jahre als waren.

Im Alter von 13 Jahren und erneut mit 32 Jahren wurde überprüft, ob die Teilnehmer empfindlicher auf Allergene reagieren (atopische Sensibilisierung), ob sie Asthma oder Heuschnupfen entwickelt haben. Für die Einschätzung der Sensibilisierung wurde gemessen, wie groß die Hautrötung war, die der Hauttest (Pricktest) verursachte.

Getestet wurden folgende Allergene:
Gras, Katze, Hund, Kapok, Wolle und Schimmelpilze.  

Entzündliche Reaktionen der Haut wie Neurodermitis, allergischer Schnupfen und Asthma bronchiale: Das alles sind atopische Erkrankungen, die immer öfter auftreten. Die Betroffenen besitzen eine erbliche Veranlagung, auf harmlose Umweltstoffe mit einer Überproduktion bestimmter Antikörper zu reagieren. Bei 40 Prozent der Grundschüler kann bereits eine Sensibilisierung gegen Allergene nachgewiesen werden.  

Das Risiko Asthma oder Heuschnupfen zu bekommen, konnte durch Daumenlutschen oder Nägelkauen nicht beeinflusst werden. Dafür aber hilft beides gegen die Entwicklung atopischer Erkrankungen. Die neuseeländischen Forscher stellten bei denjenigen, die in der Kindheit am Daumen lutschten oder Nägel kauten, ein geringeres Risiko für eine atopische Sensibilisierung fest. Das galt sowohl bei den 13-Jährigen als auch bei den 32-Jährigen.

Dieser positive Einfluss ergab sich unabhängig von anderen Faktoren, wie etwa Stillen, Haustiere, Personenanzahl im Haushalt, Allergien und Rauchen der Eltern sowie dem sozioökonomischen Status. Noch seltener trat eine atopische Sensibilisierung bei Kindern auf, die beides gemacht hatten – Daumenlutschen und Nägelkauen. Im Alter von 32 war dieser Kombinationsvorteil allerdings nicht mehr sichtbar.  

Die Ergebnisse weisen in eine ähnliche Richtung wie die der sogenannten "SchnullerStudie", die 2013 veröffentlicht wurde. Damals konnten schwedische Forscher zeigen, dass Kinder, deren Eltern den auf den Boden gefallenen Schnuller ihres Nachwuchses ablutschten, ein geringeres Risiko für Allergien hatten als diejenigen, deren Schnuller sicherheitshalber abgekocht wurde.  

Ein geringeres Risiko für Allergien haben Kinder möglicherweise auch, wenn sie als Baby auf einem Schaffell schlafen, auf einem Bauernhof groß werden oder Rohmilch trinken.  Dahinter vermuten Forscher ähnliche Mechanismen: In allen Fällen sind Kinder verstärkt Mikroorganismen ausgesetzt, die dem sich entwickelnden Immunsystem helfen, ungefährliche Bestandteile der Umwelt besser einzuordnen.  

Weitere Informationen erhalten Sie auch beim Deutschen Grünen Kreuz e. V. - www.dgk.de


Quellen:
1. Ärzteblatt online vom 22.8.2016: Atopie - Daumenlutschen und Nägelkauen wirken am besten in Kombination
2. Lynch SJ, Sears MR, Hancox RJ.: Thumb-Sucking, Nail-Biting, and Atopic Sensitization, Asthma, and Hay Fever; Pediatrics. 2016;138(2):e20160443